Ermittlungen gegen Baden-Württembergs Innenminister Strobl
Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl gerät in der Affäre um Belästigungs-Vorwürfe gegen einen hochrangigen Polizisten selbst massiv in Bedrängnis. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart teilte am Mittwochabend mit, dass sie nun auch gegen Strobl ermittelt. Hintergrund ist, dass der CDU-Politiker ein Schreiben des Anwalts des beschuldigten Polizisten an einen Journalisten weitergab. Die Staatsanwaltschaft erklärte, man habe ein Ermittlungsverfahren gegen den Journalisten wegen des Verdachts verbotener Mitteilungen über Gerichtsverhandlungen und Strobl wegen des Verdachts der Anstiftung hierzu eingeleitet.
Die Opposition forderte Strobl am Mittwoch zum Rücktritt auf. Er habe damit Dienstgeheimnisse öffentlich gemacht, seine Fürsorgepflicht als Dienstherr verletzt und gegen den Datenschutz verstoßen, kritisierten SPD, FDP und AfD in Stuttgart. Das sei ein "skandalöser Vorgang", sagte SPD-Fraktionschef Andreas Stoch. Sein FDP-Kollege Hans-Ulrich Rülke sagte: "Bei den Abgründen, die sich auftun, kann dieser Minister nicht mehr im Amt bleiben."
Sollte er es dennoch tun, habe die Opposition "keine andere Wahl, als im Rahmen eines Untersuchungsausschusses seine weiteren Verfehlungen aufzudecken, bis sogar Herrn Kretschmann nichts mehr anderes übrig bleibt, als ihn zu entlassen", sagte Rülke. Beim grünen Koalitionspartner zeigte man sich intern irritiert darüber, warum sich der Minister überhaupt selbst in dieses heikle Verfahren eingeschaltet hat.
Strobl wies die Kritik zurück und lehnte einen Rückzug ab. Es habe zwar einen Kommunikationsfehler gegeben, aber es gehe ihm in dem Verfahren gegen den hohen Beamten um "maximale Aufklärung und maximale Transparenz". Er bestritt, dass er sich mit der Weitergabe des Schreibens strafbar gemacht habe. Im Zentrum müsse die "Aufklärung der Vorwürfe" gegen den Polizisten stehen. Dieser solle "Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung" begangen haben.
Ministerpräsident Winfried Kretschmann stärkte seinem Vize den Rücken. Strobl habe ihm glaubhaft dargelegt, dass kein Rechtsverstoß vorliege und es ihm darum gegangen sei, Transparenz herzustellen, teilte der Grünen-Politiker mit. Strobl habe weiter sein volles Vertrauen.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt seit November wegen des Verdachts der sexuellen Belästigung gegen den führenden Polizisten. Der Mann soll eine Hauptkommissarin in einem Videochat mit seinen Vorstellungen sexueller Praktiken belästigt haben. Aus Kreisen des Innenausschusses hieß es, aus der Abschrift des Videochats, die den Abgeordneten vorliegt, gehe deutlich hervor, dass der Mann der Polizistin angeboten habe, ihr bei der Karriere zu helfen, wenn sie ihm sexuell zu Diensten sei.