Über 190 Zwangsgeld-Verfahren gegen Eltern von Schulverweigerern
In den vergangenen zwei Jahren der Corona-Pandemie sind im Südwesten mehr als 190 Zwangsgeld-Verfahren gegen Eltern angestrengt worden, die ihre Kinder nicht in die Schule geschickt haben. Das Kultusministerium erklärte am Montag in Stuttgart, bisher seien knapp 50 Zwangsgelder festgesetzt worden. In etwa 100 Fällen habe sich das Verfahren erledigt, weil die Kinder und Jugendlichen wieder am Präsenzunterricht teilnähmen oder nicht mehr der Schulpflicht unterlägen. In gut 40 Fällen laufe das Verfahren noch. Ein solches Zwangsgeld bemisst sich am Einkommen der Eltern. Es startet bei mindestens 10 Euro und kann maximal 50 000 Euro betragen.
Wie die "Stuttgarter Zeitung" und die Stuttgarter Nachrichten" (Dienstag) berichten, liegt der Schwerpunkt der Fälle im Süden Baden-Württembergs. Allerdings ist bei den meisten Fällen unklar, ob Eltern ihre Kinder wegen der Pandemie nicht in die Schule geschickt haben. Der Grund für die Schulabstinenz werde nur im Regierungspräsidium Karlsruhe erfasst, sagte ein Sprecher des Kultusministeriums. Er ergänzte, der Anteil der Schulverweigerer sei relativ niedrig, wenn man sehe, dass es in Baden-Württemberg 1,5 Millionen Schülerinnen und Schüler gibt.
Im Regierungsbezirk Südwürttemberg seien 70 Zwangsgeldverfahren eingeleitet worden. 36 Fälle hätten sich mittlerweile erledigt, sagte ein Sprecher des Regierungspräsidiums Tübingen. In 34 Fällen laufe das Verfahren noch. In Freiburg seien 45 Zwangsgeldverfahren eingeleitet worden, in 30 Fällen wurde ein Zwangsgeld verhängt. In Karlsruhe wurden 55 Verfahren angestrengt und in 19 Fällen ein Zwangsgeld festgesetzt. In Stuttgart gab es 22 Verfahren, 12 haben sich selbst erledigt, 10 Fälle seien noch offen.
Das Regierungspräsidium Freiburg erklärte, in seinem Bereich seien mehr als die Hälfte der Fälle aus Privatschulen gewesen, vor allem aus Waldorfschulen. Der Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Freien Waldorfschulen in Baden-Württemberg, Christoph Sander, sagte den Zeitungen, im Schnitt habe es an jeder der 59 Waldorfschulen im Land vier bis fünf Fälle von längerfristiger Schulabstinenz gegeben.
Schon vor der Pandemie sei es vorgekommen, dass Eltern ihre Kinder nicht mehr in die Schule geschickt haben, hieß es im Ministerium. Für solche Fälle sei eine "Eskalationsleiter" eingerichtet. Zu Beginn stünden immer Gespräche zwischen den Eltern und der Schule. Kommen die Kinder dann nicht zurück, kann der Schulträger den Verstoß gegen die Schulpflicht als Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld ahnden. Um die Kinder wieder zurück an die Schule zu holen, kann das Regierungspräsidium ein Zwangsgeldverfahren einleiten.
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