«Zu viel Druck»: Auftakt-Aus für Zverev in München
Fast schon entschuldigend winkte Alexander Zverev kopfschüttelnd den Münchner Tennisfans zu. Der Olympiasieger vermied nach seinem krachenden Achtelfinal-K.o. direkten Blickkontakt mit den aufmunternd klatschenden Zuschauern.
In Thermoleggins und mit dem nächsten Dämpfer im Gepäck verließ das Geburtstagskind nach dem 6:7 (2:7), 4:6 gegen den deutlich schlechter platzierten Australier Christopher O'Connell den voll besetzten Center Court. Zverevs mühevoller Weg zurück in die Weltspitze nach halbjähriger Verletzungspause ist noch sehr lang.
«Ich bin unfassbar nervös»
Die winterlichen Temperaturen um die fünf Grad Celsius waren nicht Schuld an Zverevs schwacher Leistung. «Ich komme in den letzten paar Jahren nur schwer mit dem Druck klar, in Deutschland zu spielen. Ich bin unfassbar nervös. Ich zeige im Match nicht annähernd das Niveau, das ich im Training zeige», begründete der Hamburger sein fehlerhaftes Spiel am Donnerstag.
An seine ermutigenden Auftritte aus Monte Carlo konnte Zverev zu keiner Zeit anknüpfen. «Wenn ich nervös bin, spiele ich nicht so druckhaft. Ich bewege mich langsamer. Ich spiele langsamer. Das ist eine Kombination von Sachen», beschrieb Zverev seine wackligen Auftritte auf deutschem Boden.
Immer wieder unterbrach er seine Ausführungen. Seine Augen glitzerten, nur mit Mühe konnte er seine Tränen zurückhalten. «Ich mache mir den Druck schon selber. Der kommt nicht von außen», stellte Zverev klar. Eine Lösung für das Problem hatte er zunächst nicht. Mit einem Mentaltrainer arbeitet der Deutsche nicht zusammen. «Daran glaube ich nicht», hatte er vor Turnierstart gesagt.
Dennoch immer gerne in München
Trotz ausbleibender Erfolge will Zverev auch in Zukunft nach München zurückkommen. «Wenn ich eingeladen werde, werde ich immer in München spielen», versicherte der Davis-Cup-Profi. Über Ziele für die weitere Sandplatzsaison wollte Zverev erst einmal nicht sprechen. «Ich muss zu mir kommen und nachdenken», sagte der Deutsche. Der Hamburger wartet weiter auf den ersten Turniersieg nach seinem Comeback im Dezember. Bei den vergangenen French Open in Paris hatte er sich schwer am Fuß verletzt.
Die 107. Auflage des Münchner ATP-Turniers muss nach Zverevs Aus ohne einen deutschen Viertelfinalisten auskommen. Vorjahres-Halbfinalist Oscar Otte aus Köln verlor überraschend gegen den Italiener Flavio Cobolli 0:6, 6:3, 3:6. Daniel Altmaier musste sich dem Russen Aslan Karazew 6:4, 6:7 (2:7), 2:6 geschlagen geben. Lediglich das 3:6, 4:6 von Yannick Hanfmann gegen den Top-Gesetzten und Weltranglisten-Siebten Holger Rune aus Dänemark kam erwartet.
Zverev muss den Ausgang des ATP-Turniers im Fernsehen verfolgen. Hoffnung auf bessere Resultate macht ein Blick in den Kalender - der Tennis-Tross reist jetzt in wärmere Regionen nach Madrid und Rom. «Hoffentlich wird es wie alle Jahre wieder. Hier verliere ich erste Runde und Madrid gewinne ich», sagte Zverev. Für einen kurzen Augenblick musste der Deutsche grinsen.
Die nächsten Wochen werden richtungsweisend. Zverev hat viele Punkte zu verteidigen. Noch so eine Leistung wie in München, und Deutschland dürfte bald keinen Spieler mehr unter den besten 30 der Weltrangliste haben. Doch daran dachte der 26-Jährige am Donnerstag nicht. «Jetzt gerade habe ich keine Lust auf irgendetwas», sagte der Deutsche.
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