Trennung vom Quotenliebling: Carlson ist raus bei Fox News
Beben im US-Fernsehen: Der konservative Sender Fox News und sein rechter Fernsehmoderator Tucker Carlson gehen künftig getrennte Wege. Carlsons letzte Sendung sei bereits am Freitag gewesen, teilte Fox News am Montag mit und bedankte sich bei dem 53-Jährigen für seine Arbeit.
Gründe für die Trennung nannte Fox News nicht. Carlson galt als eine der bekanntesten Persönlichkeiten des Senders und sorgte immer mit seinen hetzerischen Kommentaren für Schlagzeilen. Die Trennung ist besonders vor dem Hintergrund brisant, dass sich der Medienkonzern Fox gerade erst im Zuge einer Klage des Wahlmaschinenherstellers Dominion außergerichtlich auf eine Schadenersatzzahlung in Millionenhöhe geeinigt hat. Denn auch Carlson stand rund um die Klage im Fokus.
Dominion hatte geklagt, weil Fox News Berichte über angebliche Manipulation der Wahlcomputer bei der Präsidentschaftswahl 2020 verbreitet hatte. Eigentlich sollte vergangene Woche ein Prozess beginnen, bei dem mutmaßlich weitere Details aus dem Innenleben des Medienkonzerns ans Licht gekommen wären. Dann aber einigten sich beide Parteien auf eine Zahlung von 787,5 Millionen US-Dollar (rund 714 Millionen Euro) des Konzerns Fox an Dominion.
Carlson über Trump: «Hasse ihn leidenschaftlich»
Auch Carlson und seine quotenstarke tägliche Abendsendung «Tucker Carlson Tonight» rückten im Zusammenhang mit der Klage in den Mittelpunkt. Der Talkmaster trat in seiner Sendung als Unterstützer des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump auf, der die Lüge vom Wahlbetrug bis heute weiter verbreitet und seine Niederlage nicht eingesteht.
In den vergangenen Monaten wurden schließlich Textnachrichten des Moderators Carlson öffentlich. Carlson soll einem Mitarbeiter zwei Monate nach der Präsidentenwahl 2020 geschrieben haben: «Wir sind sehr, sehr nahe dran, Trump an den meisten Abenden zu ignorieren. Ich kann es wirklich kaum erwarten. Ich hasse ihn leidenschaftlich.»
Die Enthüllungen zogen die Glaubwürdigkeit des Moderators Carlson weiter in Zweifel, der in seiner Sendung selbst die Verschwörungstheorie vom Wahlbetrug befeuerte. Carlson soll sich in den Textnachrichten auch immer wieder kritisch über das Management des Senders geäußert haben.
Für Empörung sorgte zuletzt außerdem, dass Carlson in seiner Sendung einige ausgewählte Bilder des Sturms auf das Kapitol am 6. Januar 2021 zeigte und ganz im Sinne Trumps behauptete, damals seien lediglich friedliche Demonstranten unterwegs gewesen.
Der republikanische Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, hatte dem Talkmaster exklusiv Tausende Stunden Überwachungsmaterial zur Verfügung gestellt. Carlson behauptete dann in seiner Sendung ohne Belege, Bundesagenten hätten die Gewalt angestachelt.
Verschwörungstheorien, Hetze, Falschmeldungen
Carlsons werktägliche Abendsendung schalteten im Schnitt gut drei Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer ein. Darin verbreitete er Verschwörungstheorien sowie offensichtliche Falschmeldungen, und er hetzte gegen Minderheiten. Er äußerte sich rassistisch, machte sexistische und transfeindliche Kommentare und wurde dafür von seinen Fans gefeiert.
Carlson kam zwar bereits 2009 zu Fox News, wurde aber erst mit seiner Abendsendung, die seit 2017 läuft, zum Star. Es seien nun vor allem Carlsons Kommentare über das Fox-Management gewesen, die eine Rolle bei seinem Weggang von Fox gespielt hätten, berichtete die «Washington Post» unter Berufung auf eine nicht namentlich genannte Quelle.
Offen bleibt, wie es für Carlson nach der Trennung weitergeht. In seiner letzten Sendung am Freitag hatte er seinen Abschied nicht angekündigt und sich vom Publikum nicht verabschiedet.
Der rechte Sender Newsmax reagierte auf die Entscheidung seines Konkurrenzsenders und warb um neues Publikum. «Fox News hat sich seit einiger Zeit auf den Weg gemacht, ein etabliertes Medium zu werden, und die Absetzung von Tucker Carlson ist ein großer Meilenstein in diesem Bestreben», erklärte der 2014 gegründete Sender am Montag. Millionen von Zuschauern, die das alte Fox News gemocht hätten, seien bereits zu Newsmax gewechselt. Carlsons Weggang werde diesen Trend noch verstärken.
Für Aufsehen sorgte der Fall Carlson auch in Moskau. Der kremltreue Propagandist Wladimir Solowjow bot Carlson sogar einen Job im russischen Staatsfernsehen an. «Sie sind jederzeit in Russland und Moskau willkommen», hieß es in einem Schreiben, das Solowjow am Montagabend auf Telegram veröffentlichte. «Wir bieten Ihnen gerne einen Job an, falls Sie als Moderator oder Host weitermachen wollen», erklärte das Team des 59 Jahre alten Russen, der unter anderem für seine Hetze gegen Ukrainer und den Westen bekannt ist.
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