Nach Geiselnahme in Ulmer Innenstadt: Ex-Soldat verurteilt
Rund acht Monate nach einer Geiselnahme in der Ulmer Innenstadt ist ein Ex-Soldat zu sechs Jahren Haft und der Unterbringung in einer Psychiatrie verurteilt worden. Das Landgericht Ulm sah es als erwiesen an, dass der 44-Jährige aus dem nordrhein-westfälischen Iserlohn wegen einer «schweren, komplexen posttraumatischen Belastungsstörung» am Tattag vermindert schuldfähig war, wie ein Gerichtssprecher erklärte. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Der Angeklagte hatte beim Prozessauftakt in der vergangenen Woche gestanden, mehrere Geiseln in einem Starbucks-Café am Ulmer Münster in seine Gewalt gebracht zu haben, um sich durch ein Spezialeinsatzkommando (SEK) erschießen zu lassen. Er habe niemanden verletzen wollen, hatte er über seinen Verteidiger erklären lassen. Ulm als Tatort sei eine Zufallswahl gewesen. Er sei in Iserlohn ins Auto gestiegen und ohne konkretes Ziel in Richtung Süden gefahren, hatte der Vater eines Kleinkinds berichtet.
Fake-Pistole und unechtes Sturmgewehr
Laut Anklage hatte der Mann am Abend des 26. Januars mit Attrappen bewaffnet die Starbucks-Filiale betreten und mehr als zehn Menschen in Schach gehalten - sechs von ihnen nahm er als Geiseln. Mit einem täuschend echt aussehenden Sturmgewehr und einer Fake-Pistole hatte er demnach zwei Gäste dazu gezwungen, die Polizei zu rufen. Unter den Geiseln waren auch zwei junge Mädchen, die ebenfalls vor Gericht ausgesagt hatten.
Nach und nach hatte der Mann die Geiseln freigelassen. Lediglich die Managerin, die als Nebenklägerin beim Prozess dabei war, behielt er bis zum Schluss bei sich. Mit Schüssen hatte das SEK nach etwa eineinhalb Stunden die Geiselnahme beendet. Dabei verlor der Angeklagte seinen Unterkiefer und musste zunächst ins Krankenhaus. Die Geiseln blieben alle unverletzt.
Afghanistan-Trauma
Vor Gericht hatte er berichtet, von 2004 bis 2016 bei der Bundeswehr gedient zu haben. Einsätze in Afghanistan seien sehr belastend gewesen. Raketenangriffe, Sprengfallen und Schüsse auf Kameraden hätten ihn traumatisiert. Die Belastungsstörung sei eine Folge seiner Afghanistan-Einsätze als Soldat, hieß es in der Urteilsbegründung vom Gericht. «Zu einer Abwägung, welche Folgen seine Tat für seine Opfer verursachte, war er nicht in der Lage», so die Strafkammer weiter. «Es dominierte der Wunsch, selbst zu sterben.»
Die Staatsanwaltschaft ging schon in ihrer Anklageschrift von einer verminderten schuldfähig aus. Die Anklagebehörde und die Nebenklage hatten laut Gericht acht Jahre Haft und die Unterbringung in einer Psychiatrie gefordert. Der Verteidiger plädierte auch für die Unterbringung, forderte demnach aber vier Jahre Haft.
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