Hoffenheim nach «Auswärtssieg» mit Luft im Abstiegskampf
Dass Torhüter Oliver Baumann in der Interview-Zone schnell seine pinkfarbenen Treter loswerden wollte und sich die Zehen rieb, passte eigentlich nicht zur aktuellen Situation der TSG 1899 Hoffenheim. Nach dem dritten Sieg in Serie drückt der Schuh nicht mehr ganz so arg bei den unerwartet in den Abstiegskampf geratenen Kraichgauern. Das 2:0 (1:0) am Sonntagabend gegen den FC Schalke 04 bezeichnete der Kapitän daher als «extrem wichtig».
Vor der Partie beim Spitzenreiter FC Bayern München am kommenden Samstag hat die TSG ein Fünf-Punkte-Polster zwischen sich und den Landesrivalen VfB Stuttgart auf dem Relegationsplatz gebracht. «Heute war doch Druck auf dem Kessel. Auch wenn man gesehen hat, wie viele Schalker Fans hier waren», beschrieb Baumann die skurrile Szenerie im ausverkauften Sinsheimer Stadion.
Geschätzte 15.000 Gäste-Fans mit zahlreichen Fahnen machten sich in der mit 30.150 Zuschauern ausverkauften Arena lautstark bemerkbar. Nach dem Abpfiff skandierten die TSG-Anhänger mit Respekt und bemerkenswerter Ironie: «Auswärtssieg! Auswärtssieg!» Die Hoffenheimer Profis nahmen es mit Humor. «Ich fand's geil. Hauptsache laut! Wir sind halt noch ein Dorf, ist ja okay», sagte Baumann schmunzelnd. Und Abwehrspieler Kevin Vogt musste, darauf angesprochen, lachen: «Das fand ich Wahnsinn.»
Trotz Riesen-Rückendeckung verbuchte Schalke nur zwei Alu-Treffer, traf einmal ins eigene Tor - durch Alexander Kral (22. Minute) - und musste noch einen Elfmetertreffer durch Ihlas Bebou (70.) hinnehmen. «Der Erfolg gibt uns eine breite Brust für den restlichen Weg. Die Situation sieht besser aus als vor drei Spieltagen, aber wir müssen weiterhin jede Woche unsere Leistung abrufen, sonst kommen wir in Schwierigkeiten», mahnte TSG-Trainer Pellegrino Matarazzo.
Der Nachfolger des beurlaubten André Breitenreiter hatte zwar einen ganz schwierigen Start im Kraichgau mit fünf Niederlagen hintereinander, scheint jetzt aber richtig angekommen. «Wir haben uns einfach auch verbessert. Es war nicht so einfach in der Phase, wo wir wochenlang auf die Fresse gekriegt haben», sagte Baumann. Der Torhüter, der erstmals seit dem 3:0 auf Schalke im Oktober ohne Gegentor blieb, lobte den neuen Chefcoach: «Guter Fachmann, gute Idee vom Fußball, guter Charakter, sympathisch, kann aber auch mal laut werden.»
Wie es zum Um- und Aufschwung unter dem früheren VfB-Trainer kam? Da seufzte Baumann erstmal. «Wenn's nur das wäre...», sagte er und schnippte mit den Fingern. «... dann wär's zu einfach.» Es sei immer komplex. Diverse Mannschaftsabende, soviel verriet er noch, hätten jedenfalls dazu beigetragen. Und: «Es war schon irgendwie dieses Ganz-unten-ankommen. Und dann natürlich auch Rino.»
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