Motiviert und ohne Frust ins neue Schuljahr
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Motiviert und ohne Frust ins neue Schuljahr

08.09.2021

Für die meisten Erstklässler ist es der Tag der Tage: Sie können den Tag ihrer Einschulung kaum erwarten! Für die meisten älteren Kinder jedoch ist es eher ein Graus… Schule? Och ne! Was ist in den Ferien mit den Kids passiert?!? Wie können wir in unseren Kids wieder das Feuer entfachen?  Wir haben Life Coach Stefanie Störzer nach ihren Tipps gefragt.

Stefanie, mal zu aller erst: Inwieweit können wir als Eltern auf unsere Kinder einwirken?

Kinder machen nur selten was wir ihnen sagen, sie tun das, was wir ihnen als Eltern vorleben. Ich bin fest überzeugt: Das ist die wichtigste Erkenntnis überhaupt! Ich erlebe oft Eltern, die vor ihren Kindern schlecht über Lehrerinnen oder Erzieher oder auch andere Kinder sprechen und rate dringend dazu, darauf zu achten, wie man selbst Respekt gegenüber anderen zeigt – vor allem vor Kindern! Ganz wichtig finde ich auch, dass wir nur das Verhalten unserer Kinder tadeln oder loben und nicht das Kind selbst. Also beispielsweise: „Ich liebe dich, aber dein Verhalten stört mich…“

Lange aufbleiben und lange ausschlafen ist nicht mehr – wie können wir unsere Kids helfen, in den Schulalltag zu kommen?

Ein guter Start in den Tag mit viel guter Laune ist das A und O! Wir kennen es ja selbst von uns: Das Wecken von einem Wecker kann sehr abrupt und plötzlich sein, je nach Weckton sogar nahezu grausam. Und ist dann auch noch Eile angesagt, ist Frust schon vorprogrammiert. Für unsere Kids ist es daher definitiv angenehmer, wenn sie rechtzeitig persönlich geweckt werden – zum Beispiel mit dem Öffnen des Rollos und einem liebevollen „Guten Morgen mein Schatz, aufstehen!“. Je nach Alter und Bedürfnis der Kinder kann dann gerne noch ein Aufwach-Kuss folgen – oder noch in Ruhe gemeinsam gekuschelt werden. Und: Einige Kinder schlummern nach dem Aufwachen noch gerne, also um stressfrei in die Schule zu gehen, bitte auch diese 5 Minuten einplanen!

Und nach dem Aufstehen?

Ein gesundes Frühstück ist wichtig, dass wissen wir alle, doch es gibt natürlich auch Kinder, die nicht gerne oder viel essen, so wie wir Erwachsen eben auch. Ganz wichtig ist allerdings ein Glas Wasser, damit das Gehirn arbeiten kann… Wenn Müsli oder Käsebrot beim Frühstückstisch nicht überzeugen können, rate ich dazu, wenigstens eine eine Hand voll Nüsse parat zu haben – die gehen meistens immer.

Was kann ich tun, wenn mein Kind Angst vor der Schule hat oder ich die Vermutung habe, dass es ausgegrenzt wird?

Kinder haben viele Ängste, die wir gar nicht immer bewusst wahrnehmen. Das kann Angst vor einer Trennung der Eltern sein, Angst vor einer schlechten Note oder Angst vor der Reaktion von uns Eltern oder Mitschülern, wenn eine schlechte Note kommen könnte. Ganz wichtig zu wissen: Ängste blockieren Kinder und Jugendliche enorm! Damit lernen überhaupt erst möglich ist, muss das Umfeld passen. Wie schon in der Urzeit kann man unter Stress und Angst nicht lernen, hier sind andere Systeme im Körper aktiv und das Stresshormon Cortisol blockiert die Konzentration. Achtet auch auf Symptome wie Übelkeit oder Bauchschmerzen – sie können darauf hindeuten, dass das Kind Stress in der Schule hat.

Was rätst Du Eltern, deren Kinder sich definitiv nicht in die Schule möchten?

Wenn ein Kind in der Schule ausgegrenzt wird und daher nicht gerne zur Schule geht, müssen wir als Eltern uns mit diesem Thema sehr intensiv auseinandersetzen. Mit den Worten: „Stell dich nicht so an“ kommen wir nicht weit.

Hier geht es um das Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl, das dringend gestärkt werden muss, damit die Wirkung nach außen stimmt und somit keine Angriffsfläche bietet. Das kann Sport, Musik oder ein Hobby jeglicher Art, oder auch eine intensive persönliche Betreuung wie beispielsweise ein Coaching sein.

Was rätst Du zum Thema Hausaufgaben?

Wir sollten beim Hausaufgaben machen nicht über unsere Kinder bestimmen. Damit meine ich: Manche Kinder möchten erst Spielen und um 16:00 Uhr mit den Hausi beginnen, die anderen starten gleich nach der Schule voll durch. Manche Kinder schreiben ordentlich und sauber lieber im Schneidersitz auf dem Boden mit klassischer Musik… und alles ist richtig und gut. Wir sollten unsere Kinder nicht nach unseren „strengen" Vorstellungen erziehen, denn auch wir sind überwiegend in ein Denkmuster unserer Eltern gezwängt worden…

Ja, die Hausaufgaben müssen ordentlich und richtig sein. Wie das ein Kind schafft, sollte man dem Kind selbst überlassen. Erst wenn es dieses Ziel nicht mit seinen Methoden erreicht, sollten wir als Eltern einschreiten in Form von alternativen Vorschlägen und nicht mit Vorgaben oder Zwängen!

Wie sieht denn die optimale Lernumgebung aus?

Ein ruhiges, helles und gut belüftetes Zimmer sind eine Grundvoraussetzung – den Rest würde ich dem Kind selbst überlassen. Möchte es dabei Musik hören oder dass jemand dabei ist? Dann sollten wir versuchen, diese Bedürfnisse zu erfüllen.

Du legst viel Wert auf einen erfolgreichen Start in den Tag. Wie es ist mit dem Tagesabschluss?

Klar, das richtige Ritual zum Einschlafen ist natürlich auch sehr wichtig! Kein Fernsehen mit „aufwühlenden“ Themen oder Handy vor dem Schlafen, natürlich rechtzeitig ins Bett, am besten auf den Rücken legen und auf seinen Atem achten. Wie fühlt sich das in unserer Brust an, das Heben und Senken beobachten und an nichts anderes außer an die Atmung denken: Einatmen und beim Ausatmen bis 10 zählen, dann von vorne beginnen.

Was hältst Du davon, gute Leistungen mit Geschenken oder Geld zu belohnen?

Mit Belohnung ein Kind zu guten Noten zu bewegen ist aus der Gehirnforschung gesehen ein absoluter Albtraum! Das ist, krass gesagt, als würde man mit seiner Frau einen wirklich sehr schönen Abend in einem tollen Restaurant verbringen, danach noch in eine wunderschöne Skybar besuchen und die Aussicht der Nacht gemeinsam genießen…

… und ihr dann 100 Euro als Dankeschön bezahlen.

Im Ernst: Kinder und Jugendliche müssen die Motivation für ihr Tun in sich selbst erkennen. Wenn sie merken, dass sie es für sich und nicht für die Schule, das Ansehen, die Eltern oder Zeugnisgeld machen, setzt dies einen tiefen inneren Willen in ihnen frei, Ziele zu erreichen.

Natürlich wollen wir als Eltern nur das Beste für unsere Kinder, aber was genau ist das Beste?

Was bringt das tollste Zeugnis, das beste Studium wenn einem die tägliche Arbeit gar nicht gefällt, oder sogar Krank macht? Jedes Kind ist anders und hat seine ganz persönlichen Stärken. Hier gibt es ein tolles Beispiel von Albert Einstein, das ich immer gerne anwende: Jeder ist ein Genie! Wenn man aber einen Fisch danach beurteilt, ob er auf einen Baum klettern kann, wird er sein ganzes Leben lang denken, er sei dumm. Unsere Aufgabe als Eltern ist es, die Motivation unserer Kinder zu erkennen und zu fördern.

Wie finden Kinder und Jugendliche diese Motivation?

Natürlich kann nicht jedes Kind auf das Gymnasium und studieren, dass muss es aber auch nicht! Es gibt in unserem Bildungssystem so unendlich viele Möglichkeiten - Wir müssen es nur wollen und unsere Kinder dabei unterstützen, das zu finden, was ihnen liegt und wofür sie brennen. Das Leben ist nicht vorbei, nur weil das Kind auf die Hochbegabten-Schule geht! Wir leben hier glücklicherweise in einem Land der unbeschränkten Weiterbildungsmöglichkeiten.

Zur Person:

Stefanie Störzer ist Life Coach mit Schwerpunkt Kinder- und Jugendcoaching, Teambuilding, Persönlichkeitsentwicklung und Pferdegestütztes Coaching und BrainGym-Trainerin.

Störzer hat eine Tochter und lebt mit ihrer Familie in Neuhausen an der Erms.