Frauenquote - FAQ
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Frauenquote - FAQ

07.03.2021

Beruflich erfolgreiche Frauen haben sich “hochgeschlafen”, sind “Rabenmütter” oder werden mehr für ihre Männer als für ihre Leistung gelobt - und bald sind sie auch noch nur wegen der Frauenquote an ihren Job gekommen. Die Einen sagen “absolut notwendig”, die Anderen “völliger Schwachsinn”: Im Kampf für die Gleichberechtigung von Männern und Frauen in Deutschland gibt es wohl kaum so viele Halbwahrheiten und Missverständnisse wie beim Thema “Frauenquote”. Im Rahmen unserer Aktionswoche “Zielstrebig und selbstbewusst: Wir machen uns stark für die Frauen in Baden-Württemberg” bringen wir gemeinsam mit namhaften Größen auf diesem Gebiet Licht ins Dunkle.

Die Frauenquote - was genau besagt sie eigentlich?

Am 6. Januar 2021 stand es fest: Da nämlich hat das Bundeskabinett den “Gesetzentwurf zur Ergänzung und Änderung der Regelungen für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst” dargelegt. Dieser sieht vor, dass in Vorständen von börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Unternehmen in Deutschland, die mehr als drei Mitglieder haben, mindestens ein Mitglied eine Frau und ein Mitglied ein Mann sein muss.  Es soll also demnach in den betreffenden Unternehmen mit in der Regel über 2.000 Mitarbeitern keine frauenfreien Vorstandsetagen mehr geben. “Davon werden rund 70 Unternehmen, von denen rund 30 aktuell keine Frau im Vorstand haben, betroffen sein”, heißt es aus dem Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV).

Was besagt die Frauenquote nicht?

Die Einhaltung der Frauenquote betrifft so gesehen nur 70 Unternehmen in ganz Deutschland und dort auch nur die Vorstands- und Aufsichtsratsebene. Und selbst hier soll die Quote lediglich Frauen dabei unterstützen, quasi per Sprungbrett in höhere Positionen zu kommen - denn bewähren muss sie sich dort genauso wie ein Mann auch durch ihre Leistung. Für alle anderen Unternehmen und für die Führungsebene gilt die Frauenquote nicht.

Frauen haben eben doch auch einige Nachteile für ein Unternehmen!

Schwach, geschwätzig und schwanger - Frauen gelten egal bei welcher Qualifikation gemeinhin als “schwächeres Geschlecht” - egal ob bewusst oder unbewusst. Vor allem die Tatsache, dass Frauen Kinder kriegen und somit für einige Zeit ausfallen können, ist einer der Hauptgründe, weswegen Männer bei der Besetzung eines Postens bevorzugt - oder auch bei gleicher Leistung besser bezahlt werden. Diese Sippenhaft ist jedoch diskriminierend: Denn allein das Geschlecht einer Frau sagt weder aus, ob sie beispielsweise wirklich in Teilzeit arbeiten möchte wenn sie Kinder hat, noch ob ein Kinderwunsch überhaupt besteht.

Wieso werden Frauen überhaupt benachteiligt?

Dass es überhaupt zu diesem Ungleichgewicht in der Arbeitswelt kommt, liegt vor allem an geschlechtsspezifischer Stereotype. Historisch betrachtet waren Frauen aufgrund ihres Geschlechts wenn überhaupt beruflich tätig, dann in der Rolle der Zuarbeiterinnen. Verantwortungsvolle Posten (die auch von außen als solche anerkannt wurden) oder gar Führungspositionen waren die Ausnahme. Zudem waren Frauen stets von ihren Ehemännern abhängig: Diese konnten bis 1958 den Arbeitsvertrag ihrer Frauen beispielsweise fristlos kündigen, erst 1969 wird (verheirateten) Frauen die volle Geschäftsfähigkeit zugesprochen. Das klassische Rollenverständnis von Frauen und Männern hat sich aber kaum geändert: Frauen arbeiten wenn überhaupt nur, bis sie Kinder kriegen und kümmern sich dann um Kinder und Haushalt, Männer sind die Ernährer der Familie. Ein Rollenbild, das zwar in den Köpfen fest verankert, aber nicht mehr zeitgemäß ist.

Sind Frauen da nicht auch ein bisschen selbst dran Schuld?

"Ich bin ja hier nur die Tippse!" oder “Ich bin ja nur wegen der Quote hier!" - Aussagen wie diese zeigen, wie tief die “gelernte Opferrolle” in vielen Frauen fest verankert ist. Dies führt dazu, dass sie sich schneller demotivieren lassen und Kritik an ihrer Arbeit zu sehr an sich heranlassen - und auch, dass sie gar nicht erst 100 Prozent geben, weil “es ja eh nichts bringt”. Dieses Dilemma zeigt, wie verfahren der Geschlechterkampf mittlerweile ist, und wie notwendig ein grundlegender Wandel in der Arbeitswelt. Die Frauenquote kann Frauen aus dieser Opferrolle heben - wenn sie selbst es überhaupt zulassen wollen.

Ist die Frauenquote nicht schädlich für Unternehmen, wenn Männer eigentlich besser geeignet wären?

Diese Frage zeigt, wie abstrus und auch geladen diese Diskussion eigentlich ist - denn die Frage nach dem Geschlecht sollte eigentlich bei der Auswahl des Personals überhaupt gar keine sein. Und dennoch ist es Realität, wie auch Studien beweisen: Das Wissenschaftszentrum in Berlin beispielsweise legte Personalern aus über 120 Ausbildungsberufen fiktive Lebensläufe vor und fand heraus, dass selbst bei völlig identischen Angaben Frauen in vermeintlich männlichen Berufen im Schnitt eine Schulnote schlechter bewertet wurden als Männer. Noch schwerer haben es Mütter: Bei Bewerbungen werden sie zu einem Drittel weniger zu Bewerbungsgesprächen eingeladen als Männer.

Warum mischt sich die Politik mit der Frauenquoten-Vorgabe in die Privatwirtschaft ein?

Zwar steht die Gleichberechtigung von Frauen und Männern im Grundgesetz, ist aber auf dem Arbeitsmarkt noch immer nicht Wirklichkeit geworden - auch die Einführung der Frauenquote im Jahr 2015 brachte nicht den erwünschten Erfolg: Der Anteil weiblicher Führungskräfte in Spitzenpositionen der deutschen Wirtschaft ist nach wie vor sehr gering, 18.9 Prozent beträgt der Frauenanteil in den Aufsichtsräten der TOP-160 Unternehmen in Deutschland, in den  18,9 Prozent, in den jeweiligen Vorständen sind sogar nur 5,8 Prozent weiblich.

Ist die Frauenquote nicht ungerecht, weil Männer benachteiligt werden?

Auch an dieser Frage scheiden sich die Geister: Wenn Frauen bisher auf dem Arbeitsmarkt diskriminiert wurden, warum diskriminiert man nun die Männer, um dem entgegen zu wirken? Was hier oft zu eindimensional gesehen wird: Der Gedanke bei der Frauenquote ist nicht, dass eine freie Stelle “auf Teufel komm raus" mit einer Frau besetzt wird, nur “weil die jetzt auch mal dran sind”. Die berufliche Qualifikation und Kompetenzen sind nach wie vor das Hauptentscheidungskriterium - nur soll nun die Quote richten, dass bei gleicher Eignung die Wahl auf eine Frau fällt.

Frauen müssten aufgrund ihrer beruflichen Qualifikation gefördert werden, nicht wegen einer Quote!

Die Bundesregierung sieht es als erwiesen an: “Alle freiwilligen Selbstverpflichtungen der Unternehmen haben nicht die gewünschte Wirkung erzielt und zu keiner nennenswerten Erhöhung des Frauenanteils an Führungspositionen geführt”, so das BMJV. Zahlen untermauern diese These: Zwar stieg die Zahl qualifizierter Frauen in Deutschland in den vergangenen Jahren stetig und noch nie waren so viele Frauen so gut ausgebildet wie heute - und tatsächlich ist die Mehrheit der Hochschulabsolventen heute weiblich - doch nach wie vor sind Frauen bei der Wahl oft diejenigen, die aufgrund ihres Geschlechts den Kürzeren ziehen.

Ist die Frauenquote also die Lösung für mehr Gleichbereichtigung im Job?

Um Frauen in die Führungsebene der großen Konzerne zu bringen, kann sie einiges für die Jobwelt bewirken. Das Allheilmittel ist sie jedoch nicht. Denn nach wie vor sind Frauen auch diejenigen, die die Gesellschaft mit unbezahlter Arbeit am Laufen halten. Und auch wenn das klassische Rollenbild von Mann und Frau innerhalb einer Familie gesellschaftlich immer mehr aufbricht, sind weitere politische und auch gesellschaftliche Schritte, wie etwa moderne Vereinbarkeitsmodelle von Familie und Beruf (auch für Männer) und eine flächendeckende Kinderbetreuung notwendig.

Dieser Artikel ist Teil unserer Themenwoche

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