Wer schleicht denn da? - Autofahrer auf der Mittelspur
25.06.2025
Die Polizei spart mitunter nicht mit Ironie und Augenzwinkern, wenn es um bestimmtes Verkehrsverhalten geht: Mit einem Facebook-Post zu Mittelspurschleichern hat diesmal die Polizei Freiburg für Schmunzeln auf Social Media gesorgt. «Spektakuläre Entdeckung auf der Autobahn – Dritter Fahrstreifen gesichtet!», schreibt sie auf Facebook und verweist auf den für den Post erfundenen Autofahrer Henrich M., «dessen Name wir bewusst hier geändert haben, um ihn vor dem Ansturm der Weltpresse zu bewahren».
Gemeint ist das so bekannte wie nervige Phänomen des Mittelspurschleichers - das sind Menschen, die auf der Autobahn gemütlich auf der mittleren Spur vor sich hin gondeln, während Autofahrer hinter oder auch neben ihnen zwischen Ärger, Aggression und Kopfschütteln schwanken. Der Post war bis zum Mittag tausendfach geliked, kommentiert und geteilt worden.
Thema bewegt die Gemüter
Das Thema bewege die Gemüter «und brennt den Leuten auf den Nägeln», sagt Thomas Spisla, Sachbearbeiter für Social Media bei der Polizei Freiburg, dessen Kollege den Post verfasste. «Da haben wir halt in salopper Runde besprochen, wie wir das auf Social Media angehen könnten, die Leute zu sensibilisieren.» Auch die Polizei Pforzheim setzte im Februar einen Post zu dem Thema ab. «Der ging viral», sagt der dort mit seinem Team für Social Media zuständige Christian Schulze.
Rund 40.000 Kommentare und über 140.000 Emoji-Reaktionen rief ein Post seines Teams zum Phänomen des Mittelspurschleichers hervor, der um die zwölf Millionen Menschen erreichte. «Es hat uns drei Wochen gekostet, alle Kommentare abzuarbeiten», erzählt Schulze - und es sei der erfolgreichste Post der Pforzheimer Polizei jemals gewesen.
Den typischen Mittelspurschleicher gibt es nicht
Warum Leute auf der mittleren Spur verharren? Dafür gibt es viele Gründe, sagt Spisla. Da gebe es die, die verträumt und gedankenlos vor sich hin tuckerten. Dann gebe es - leider - die, die abgelenkt seien durch Smartphone oder Navi, erläutert er. «Manche führen auch gerade mit ihrem Beifahrer heiße Diskussionen und kriegen das gar nicht mit, dass sie andere Autofahrer behindern.»
Andere wiederum fühlten sich gerade auf der Mittelspur subjektiv besser aufgehoben: «Sie möchten sich zum Beispiel im Falle eines Staus nicht vor einem Lastwagen befinden, der dann auf sie auffahren könnte», sagt Spisla. Es sei schon so, dass man sich dann persönlich sicherer fühle. Kollege Schulze von der Pforzheimer Polizei ergänzt: «Manche trauen sich schlicht nicht zurück auf die rechte Spur nach dem Motto: "Dann komme ich da ja nie wieder raus"». Den typischen Mittelspurschleicher gebe es nicht.
Verharren auf der Mittelspur birgt auch Gefahren
«Wir haben keine Unfalldaten dazu, aber Dauerfahren auf der Mittelspur ist durchaus ein Unfallrisiko», sagt Kirstin Zeidler, Leiterin Unfallforschung der Versicherer im GDV. In Deutschland sei das Rechtsfahrgebot gesetzlich verankert. Wenn ein Mensch dauernd die mittlere Spur blockiere und nicht nach rechts fahre, dann könne das den Fahrer hinter oder neben ihm provozieren. «Es schürt Ärger und Aggressionen.» Auch verlangsame es den Verkehr, wie Schulze von der Polizei Pforzheim sagt.
Mit Humor erreicht man die Menschen
Mit Humor komme man aber besser in die Köpfe der Menschen als mit dem erhobenen Zeigefinger, sagt Schulze. Ein Post der Pforzheimer Polizei zum Thema Beschleunigungsstreifen im Frühling vergangenen Jahres habe ebenfalls für viel Amüsement auf Facebook gesorgt, fast alle Kommentare und Reaktionen seien positiv gewesen. «Wenn man damit die Menschen erreicht, darf es auch mal humorvoll sein», sagt auch Zeidler. Dass Regeln für den Straßenverkehr wichtig für die Sicherheit seien, dürfe aber nicht vergessen werden.
Laut Polizei Pforzheim hat das übrigens geklappt. Nach ihrem Beitrag zu den Mittelspurschleichern habe die Autobahnpolizei von deutlichen Veränderungen im Verhalten der Autobahnfahrer berichtet.
Schulze hat mit seinem Team schon das nächste Thema auf der Agenda. Nach Posts über Drängler, Raser, Beschleunigungsstreifen und Mittelspurschleicher steht jetzt das Verhalten im Kreisverkehr auf der Agenda. Aber das dauert noch.
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