Nach Nichtangriffspakt: Pogacar verliert Gelb an Healy
14.07.2025
Als sich Tadej Pogacar und Rivale Jonas Vingegaard nach einem Nichtangriffspakt im Zentralmassiv die Hände reichten, war der große Coup des kleinen Ausreißer-Königs Ben Healy am französischen Nationalfeiertag perfekt. «Das ist ein Märchen. Hätte mir das vorher einer erzählt, ich hätte es nicht geglaubt. Das ist unglaublich», sagte Healy, nachdem er als erster Ire seit Stephen Roche vor 38 Jahren das Gelbe Trikot bei der Tour de France eroberte. «Das sind verrückte Fußstapfen, in die ich trete. Ich bin super stolz», ergänzte Healy.
Es waren auf dem Puy de Sancy bange Sekunden, die der drittplatzierte Healy vor einem großen Bildschirm umringt von zahlreichen Kamerateams verbrachte. Denn Pogacar hatte auf dem Schlussanstieg noch einmal eine erfolglose Attacke gegen Vingegaard gestartet. Dann ließ es der slowenische Ausnahmekönner aber bleiben und rollte mit Vingegaard 4:51 Minuten hinter dem britischen Tagessieger Simon Yates über die Ziellinie.
Lipowitz drei Sekunden hinter Pogacar
Nur drei Sekunden dahinter folgte bereits der deutsche Hoffnungsträger Florian Lipowitz, der bei der Kletterpartie mit 4.450 Höhenmetern und acht Bergwertungen erneut eine starke Vorstellung ablieferte. «Es war ein super harter Tag. Zehn Tage in Folge Rennen fahren. Alle waren am Limit und ich kann positiv in die nächste Woche schauen», sagte Lipowitz der ARD.
Pogacar konnte es verschmerzen, das Gelbe Trikot verloren zu haben. Das erspart seiner Mannschaft ein wenig Arbeit und ihm ein wenig Stress bei all den Zeremonien - zumindest vorerst. Pogacar beließ es bei einer Attacke am Schlussanstieg. Ohnehin war das Tempo nicht allzu hoch. Kein Vergleich zum Vortag, als die zweitschnellste Etappe der Tour-Geschichte verzeichnet wurde.
Die Grande Nation wartet dagegen weiter seit 2017 auf einen Tagessieg am Fête Nationale, konnte auf der zehnten Etappe über 165,3 Kilometer aber wenigstens das Bergtrikot von Lenny Martinez bejubeln. Dass die Gastgeber im Kampf um das Gelbe Trikot kaum mehr eine Rolle spielen, hat indes bereits seit 40 Jahren zum Ärger von Ex-Champion Bernard Hinault Tradition.
Healy nun 29 Sekunden vor Pogacar
Das gemächliche Tempo nutzte Healy zu seinem großen Tag. «Der Etappensieg war der Traum, Gelb ist der Bonus», sagte Healy. Der Ire, der bereits auf der sechsten Etappe triumphiert hatte, liegt nun 29 Sekunden vor Pogacar. Tour-Neuling Lipowitz wird mit 3:34 Minuten Rückstand auf Platz acht geführt. Sein deutscher Landsmann Georg Zimmermann gab indes nach dem heftigen Sturz am Sonntag das Rennen auf.
Am Nationalfeiertag legten sich traditionell die französischen Fahrer ins Zeug. Mehrere Franzosen gehörten einer größeren Ausreißergruppe an. Wie etwa kurzzeitig Ex-Weltmeister Julian Alaphilippe und Martinez, der fleißig Punkte für das Bergtrikot sammelte. Das hat in der Familie bereits Tradition, sein Großvater Mariano Martinez hatte sich das rot-weiß-gepunktete Trikot 1978 gesichert. Zum ersten französischen Etappensieg am Nationalfeiertag seit 2017 sollte es aber nicht reichen.
Im Hauptfeld war das UAE-Team um Pogacar darum bemüht, den Rückstand nicht allzu groß anwachsen zu lassen. Das bedeutete für Nils Politt wieder eine Menge Arbeit, zumal Pogacars wichtigster Berghelfer João Almeida nach seinem Rippenbruch am Freitag nicht mehr dabei ist. «Wir werden mit sieben Fahrern weiterkämpfen und versuchen, diese Tour auch für João zu gewinnen», erklärte Pogacar.
Zimmermann steigt aus
Ein ähnliches Schicksal erlitt Zimmermann, der am Sonntag schwer gestürzt war. Nach einer schmerzhaften Nacht verzichtete der Augsburger auf einen Start und beendete seine fünfte Tour vorzeitig. Zimmermann war am Vortag durch eine Trinkflasche zu Fall gekommen. Der deutsche Meister erlitt zwar keine Knochenbrüche, musste aber an zwei Stellen genäht werden. Vor allem am linken Ellenbogen klagte Zimmermann über große Schmerzen.
Am Mittwoch geht es bei der 112. Frankreich-Rundfahrt mit der elften Etappe über 156,8 Kilometer rund um Toulouse weiter. Eine Bergwertung der dritten Kategorie könnte dabei für die Sprinter zu schwer sein. Ab Donnerstag warten dann in die Pyrenäen.
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