Neil McDonough (l) als Ian Ross und Bailey Chase als Jeff Eriksson in einer Szene des Films «Homestead»., © -/Kinostar/dpa
Neil McDonough (l) als Ian Ross und Bailey Chase als Jeff Eriksson in einer Szene des Films «Homestead». -/Kinostar/dpa, dpa
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«Homestead» - Blockbuster für die MAGA-Bewegung?

10.07.2025

Die Ansichten der konservativen MAGA-Bewegung von US-Präsident Donald Trump ist im Kino angekommen. «Homestead» vereint vieles, wofür Anhänger schwärmen. Es geht um harte Männer mit Waffen und um gefühlvolle Frauen, die ihre Erfüllung darin sehen, voll und ganz für die Familie da zu sein. Die Polizei gehört zu den Bösen. Und im Notfall wird inbrünstig gebetet. Wer den postapokalyptischen Thriller ohne Vorwarnung sieht, läuft Gefahr, das Kino fassungslos zu verlassen ob der kruden, heroischen Darstellung von männlicher Dominanz und weiblicher Untertänigkeit. Schließlich gipfelt alles in einem fast schon religiös verklärten Ende.

Luxus-Festung für Edel-Prepper

Der schwerreiche Edel-Prepper Ian Ross (Neal McDonough) hat in den Bergen eine Festung für den Katastrophenfall gebaut, mit Unmengen an Lebensmitteln, Wasser, Obst- und Gemüseanbau und genug Platz für Familie, Freunde und Wachpersonal. Als in Los Angeles eine Atombombe explodiert, flüchtet er samt Familie dorthin und engagiert den Ex-Soldaten Jeff Eriksson (Bailey Chase), die Anlage mit seinen Männern zu schützen - harte Typen, die vor Testosteron und Machtgefühlen nur so strotzen und die Waffe stets griffbereit haben. Auch mit dabei: Jeffs Ehefrau Tara (Kearran Giovanni) und sein Sohn Abe (Tyler Lofton).

Waffen scheinen notwendig: Als die Infrastruktur in den USA zusammenbricht, kommen verzweifelte, hungernde Menschen ans Tor, betteln um Essen und Schutz. Doch Jeff und seine Männer wähnen sich im Krieg und sind bereit, alles zu geben, um sich zu verteidigen.

MAGA-Propaganda und Fanartikel

In den USA lief «Homestead» von Ben Smallbone bereits sehr erfolgreich, kaum verwunderlich angesichts der politischen und gesellschaftlichen Gemengelage. Der Film wirkt so, als wäre er von einer Propagandaabteilung ersonnen worden im Sinne von Trumps Parole im Wahlkampf «Make America Great Again».

Dahinter stecken die Angel Studios. Ihr Biopic «Bonhoeffer» über den von den Nationalsozialisten ermordeten evangelischen Pastor und Widerstandskämpfer sorgte für eine Kontroverse um Verzerrungen und eine Vereinnahmung Dietrich Bonhoeffers durch nationalistische Evangelikale. Kritisiert wurde unter anderem ein Filmplakat, das den Theologen mit einer Waffe in der Hand zeigte.

Zu «Homestead» bietet das Studio im Onlineshop Fanartikel: Prepper-Zubehör wie Komposter, Wasserfilter und Trockenessen, Schmuck und T-Shirts. Man kann der Homestead-Gilde beitreten und mit Spenden anderen Menschen einen Kinobesuch finanzieren. Dazu wird im Film auch direkt aufgerufen. Vor dem Abspann taucht der aus der Netflix-Serie «Yellowstone» bekannte Neal McDonough auf und bittet um finanzielle Unterstützung.

Der «gute Mann mit Waffe»

Nach Ansicht des Mainzer Filmwissenschaftlers Prof. Marcus Stiglegger ist «Homestead» einer von vielen aktuellen Filmen, die auf politische Tendenzen und Veränderungen in den USA reagieren. Das habe man etwa in «Civil War» und «Song of Freedom» erlebt oder beim Westernboom auf Streamingportalen wie mit «Yellowstone». Dabei seien die Tendenzen nicht immer nur einseitig. Jeder Zuschauer soll eine Rolle finden, mit der er sich identifizieren kann - und manche gefielen eben dem MAGA-Publikum. «Das idealisierte Männerbild der MAGA-Bewegung verehrt die physische Stärke, den Zugriff auf Waffen, traditionelle Rollenbilder und mitunter einen christlichen Fundamentalismus», erklärt er.

Leben im latenten Krieg

Der Filmwissenschaftler sieht einen Trend: «Aus den USA und Australien sehen wir seit Jahrzehnten Filme, die eine Gesellschaft im latenten Krieg zeigen, in der nur der "gute Mann mit Waffe" bestehen kann.» Im Extremfall sei das mit der Apokalypse verbunden wie in «Mad Max: Fury Road». Arnold Schwarzenegger und Sylvester Stallone hätten in den 80er-Jahren solche Helden der Gewalt etabliert, die bis heute fortlebten, etwa in Jason Statham mit «Homefront».

«Flüchtlinge sterben manchmal»

Erschreckend ist die Plattheit und Unverblümtheit, mit der «Homestead» Klischees von harten, unerschrockenen Männern und emotional weichen, treu sorgenden Frauen präsentiert. Die Atombombe spielt keine Rolle mehr. Es geht nur darum, sich zu schützen, vor der Polizei, die die kampfbereiten Männer auf der Anlage mit Sorge betrachtet. Vor neidischen Nachbarn. Und vor den verhungernden Menschen vor dem Tor. Die Ansicht von Ian und seinen Leuten: «Diese Menschen sind Flüchtlinge und Flüchtlinge sterben manchmal». Als Ians Ehefrau Jenna (Dawn Olivieri) das Leid nicht länger erträgt und ihr Essen teilen will, vertraut Ian seinem Oberwächter Jeff genervt an: Er habe alles geplant, nur mit einem habe er nicht gerechnet: mit den Gefühlen seiner Frau.

Beten heilt alles

Irgendwann fließt auch Blut. Abe erschießt einen Mann und sucht verzweifelt Trost bei Ians Tochter Claire (Olivia Sanabia). Die weiß sofort, wie sie helfen kann: «Soll ich für dich beten?». Von diesem Moment an driftet der Film in eine eigentümlich religiöse und sehr pathetische Ecke im Stil einer geistlichen Erweckung, bei der auch der Song «God Bless the USA» von Trump-Kumpel Lee Greenwood nicht fehlen darf. Auch Clairs Mutter Jenna ist überzeugt, das Beten alles richtet. Schlechte Gefühle ebenso wie schwere Wunden. Und am Ende erstrahlt alles in einem hellen Licht.

Neil McDonough (l) als Ian Ross und Susan Misner als Evie McNulty in einer Filmszene., © -/Kinostar/dpa

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