Geheimdienst-Gremium ohne Abgeordnete von AfD und Linke
26.06.2025
Im Geheimdienst-Ausschuss des Bundestags ist künftig nur noch ein einziger Oppositionsabgeordneter vertreten. Sowohl die Linken-Fraktionsvorsitzende Heidi Reichinnek als auch die beiden AfD-Kandidaten Martin Hess und Gerold Otten verfehlten bei der Wahl der neuen Mitglieder des Gremiums im Bundestag die notwendige Mehrheit von 316 Stimmen. Neben drei Unions-Abgeordneten und zwei SPD-Vertretern sitzt damit nur noch der Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz im Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr).
Sogar die Tagesordnungen sind geheim
Das PKGr überwacht die Geheimdienste, bekommt Zugang zu sensiblen Informationen und tagt deshalb unter strenger Geheimhaltung in einem abhörsicheren Raum. Die Mitglieder werden von ihren Fraktionen nominiert, müssen aber auch im Bundestag gewählt werden.
Drohung der Linken
CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann hatte vor der Wahl Vorbehalte gegen Reichinnek geäußert. Mehrere SPD-Politiker erklärten dagegen, die Linken-Politikerin sei eine Demokratin, die man wählen könne.
Die Linke selbst hatte die Wahl ihrer Fraktionschefin vorab mit der Zustimmung bei anderen Abstimmungen verknüpft. Sören Pellmann, der sich mit Reichinnek den Vorsitz der Linksfraktion teilt, drohte nach der Bekanntgabe des Ergebnisses: «Wie die Union sich zukünftig Zwei-Drittel-Mehrheiten ohne Die Linke beschaffen will, ist fraglich.»
In der vergangenen Wahlperiode war die Linke durch André Hahn im PKGr vertreten, der allerdings ausscheiden musste, als die Partei durch die Abspaltung des BSW den Fraktionsstatus verlor.
Reichinnek erhielt nach Angaben von Bundestagsvizepräsidentin Andrea Lindholz 260 Ja-Stimmen bei 258 Nein-Stimmen, 27 Enthaltungen und 42 ungültigen Stimmen. Für den AfD-Kandidaten Gerold Otten stimmten 127 Abgeordnete. Sein Fraktionskollege Martin Hess erhielt 121 Ja-Stimmen.
Die AfD war schon in den vergangenen Jahren nicht mehr im Kontrollgremium dabei. Lediglich in der ersten Wahlperiode nach ihrem Einzug in den Bundestag war die Partei dort durch den ehemaligen Berliner Oberstaatsanwalt Roman Reusch vertreten.
Das Kontrollgremium, in dessen Sitzungen es um terroristische Bedrohungen, verfassungsfeindliche Netzwerke und Spionagefälle geht, wird im Vergleich zu den vergangenen Jahren von 13 auf neun Mitglieder verkleinert. Dadurch, dass Reichinnek, Hess und Otten nicht gewählt wurden, sind es jetzt tatsächlich aber nur sechs Abgeordnete. Den Vorsitz übernimmt der nordrhein-westfälische CDU-Abgeordnete Marc Henrichmann.
«Es braucht eine demokratische Opposition, die mit kontrolliert», sagte die Linken-Innenpolitikerin Clara Bünger. Ein einzelner Abgeordneter der Grünen sei da nicht ausreichend.
Der wiedergewählte Grünen-Vertreter Konstantin von Notz forderte die Linke auf, rasch eine personelle Alternative aufzustellen: «Im Sinne der Beschluss- und Arbeitsfähigkeit des Gremiums und der unbedingten Notwendigkeit einer ordnungsgemäßen parlamentarischen Kontrolle der wichtigen Arbeit der Nachrichtendienste in sicherheitspolitisch rauen Zeiten hoffe ich, dass es der Linken sehr zeitnah gelingt, dem Parlament und seinen Mitgliedern einen Vorschlag zu unterbreiten, der die notwendige Mehrheit findet», teilte er mit.
Warnungen der Grünen
Politiker und Politikerin der Grünen hatten in den vergangenen Wochen mehrfach gewarnt, die Verkleinerung berge das Risiko der Beschlussunfähigkeit. Sie enthielten sich daher als einzige Fraktion bei der Abstimmung über die Einsetzung des Gremiums.
Denn die erforderliche Mehrheit in dem Gremium orientiert sich nicht an der Zahl der faktischen Mitglieder, sondern an seiner theoretischen Größe. Stellvertreter gibt es - anders als in den Ausschüssen - nicht. Wenn ein Mitglied länger ausfällt, etwa wegen einer Krankheit oder eines Unfalls - bleibt der Sitz leer.
Anders als die Ausschüsse des Bundestags, die nach einer Wahl erst einmal nicht zusammenkommen und sich erst neu konstituieren müssen, tagt das PKGr unabhängig von Wahlen. Das bedeutet auch, dass Politiker, die schon nicht mehr im Bundestag sind – weil sie nicht mehr kandidiert haben oder nicht erneut gewählt wurden – weiterhin an den Sitzungen teilnehmen. Das galt zuletzt beispielsweise für die FDP-Politiker Konstantin Kuhle und Alexander Müller, deren Partei bei der Neuwahl im Februar an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert war.
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