Einschätzungen und Tipps von Energieexperten
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Einschätzungen und Tipps von Energieexperten

28.07.2022

Was passiert mit meinem Geld? Wie teuer wird das Heizen diesen Winter? Was kann ich machen, um Energie zu sparen? Vielleicht beschäftigen auch Euch gerade diese Fragen. Es passiert gerade einiges auf dem Weltmarkt: Die Gaspreise steigen, der Eurokurs fällt, die Europäische Zentralbank hat den Leitzins angehoben. Was das alles für uns bedeutet, das klären wir diesen Donnerstag mit unseren Experten Jonas Pischner von Energieberater BW und Marco Drapalla von der DI Wirtschaftsberatung.

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Steigende Energiepreise

Es steigen nicht nur die Gaspreise – wo müssen wir noch mit steigenden Preisen rechnen?

Jonas: Generell beobachten wir eine Preissteigerung in allen Bereichen. Was dazugehört ist der Strompreis, unter anderem, weil Strom teils auch mit Gas erzeugt wird. [...] Momentan beobachten wir Preissteigerungen ums Dreifache.

Worauf müssen sich Privathaushalte in den kommenden Monaten einstellen?

Marco: Wie sich die Gas- und Strompreise Entwickeln ist ein Blick in die Glaskugel – aber wir müssen damit rechnen, dass die nächsten Jahre definitiv teurer werden. Wir sind einfach noch zu sehr abhängig vom Gas. Dementsprechend wird das ein rares Gut, die Nachfrage steigt und wenn ein Produkt eine hohe Nachfrage hat, steigen auch die Preise.

[Kurzfristig] sollten sich die Verbraucher darauf einstellen, dass die Gas- und Stromanbieter die Briefe rausschicken mit der Info, dass sich Preise erhöhen und der Nachfrage, ob der Kunde die Abschlagszahlung erhöhen möchte. Das würde ich auch empfehlen.

Muss sich mein Gasanbieter an die vertraglich vereinbarte Preisbindung halten – oder kann er dennoch die Preise erhöhen?

Marco: Aktuell müssen sie sich an die Preisbindung halten. Die Bundesregierung hat den Notfallplan Gas ausgerufen, der hat drei Alarmstufen. Derzeit sind wir auf Stufe 2. [...] [Wenn hier zusätzlich] die Bundesnetzagentur anzeigt, wir haben einen Versorgungsmangel, dann könnte der Anbieter solche Preisbindungen kippen, Verträge kündigen und der Kunde muss neu verhandeln.

Nutzt es da, Einspruch einzuheben?

Marco: Rechtlich könnte man – aber welche Alternativen würde es da geben? Das ist das Problem.

Diskutiert wird auch über einen Gaspreisdeckel. Wirtschaft- und Energieminister Robert Habeck lehnt den derzeit ab. Wie würde er aber funktionieren?

Marco: Wenn man sich die Gaspreise der letzten Jahre anschaut, waren wir im Schnitt bei 6 Cent pro Kilowattstunde. Jetzt sind wir aktuell bei über 13 Cent. Ein Gaspreisdeckel wäre nichts anderes als dass man sagt, man loggt den Preis von 6 Cent pro Kilowattstunde ein und die Differenz zu den 13 Cent würde der Staat ausgleichen.

Ist es realistisch, dass der kommt?

Marco: Wir haben neun EU-Länder, die den bereits eingeführt haben (wie Frankreich, Portugal, Spanien, Griechenland), dort hat das zu Entlastungen der Bürger geführt. Es wäre für uns Verbraucher eine sehr gute Lösung, um da wieder eine gewisse Spannung reinzubringen.

Gaslieferung im Winter

Sollte Russland tatsächlich den Gashahn zudrehen, woher könnten wir stattdessen Gas beziehen?

Jonas: Es gibt grundsätzlich die Möglichkeit, Flüssiggas zu beziehen aus anderen Staaten der Welt, z.B. aus den USA oder aus Katar, dafür fehlt aber momentan noch die Infrastruktur in Deutschland, die wird gerade aufgebaut. Laut Bundesregierung dauert das noch bis Ende des Jahres.

Kann es denn passieren, dass wir im Winter auf dem Trockenen sitzen und gar kein Gas mehr haben?

Jonas: Das ist schwer zu sagen. Möglich ist natürlich alles. Momentan sind die Speicher noch nicht komplett gefüllt. Laut Bundesregierung sollen bis November diesen Jahres die Speicher auf 95 Prozent gefüllt sein.

Redaktionelle Anmerkung: Derzeit liegt der Füllstand der Gasspeicher in Deutschland bei 66,8 Prozent (laut Bundesnetzagentur am 27.07.2022).

Wie kann ich möglichst günstig Gas beziehen? Es gibt die Grund- und Ersatzversorgung – ist es günstiger, die in Anspruch zu nehmen?

Marco: Da muss man unterscheiden. Die Grundversorgung läuft über den Energieversorger vor Ort, über die Stadtwerke zum Beispiel. Das sind Verträge, die haben oftmals keine Laufzeit oder keinen bestimmten Tarif. Die kann ich auch alle zwei Wochen quasi kündigen. Und dann gibt es den sogenannten Sondertarif, der ist wie beim Handyvertrag auch: ich habe einen Vertrag abgeschlossen, mit einem bestimmten Tarif, für 24 Monate als Beispiel. Und die Ersatzversorgung ist, wie der Name sagt, der Ersatz. Beispiel: Ich zieh in eine neue Wohnung und beziehe Strom oder Gas, hab keinen Vertrag abgeschlossen, dann ist das eine Ersatzversorgung. Das ist in der Regel das Teuerste. Das heißt: so schnell wie möglich einen Sondertarif als Beispiel abschließen. [...] In die Grund- oder Ersatzversorgung zu wechseln macht momentan [bei einem Sondertarif mit Preisbindung] keinen Sinn.

Tipps zum Energiesparen

Wo kann ich im Alltag richtig gut Energie einsparen?

Jonas: Brennpunkt ist die Küche. Beim Kühlschrank [können wir] schauen, ob die optimale Temperatur eingestellt ist. Die liegt bei 7°C. Das am besten mit einem Thermometer prüfen. Wenn wir aufs Gefrierfach schauen, sind wir im Winter bei -15°C. [Beim Kochen] den Deckel auf den Topf. Versuchen, den Backofen nicht vorzuheizen sondern die Speisen direkt in den Ofen. Beim Wäschewaschen den Trockner so wenig wie möglich zu nutzen, lieber die Wäsche im Garten aufhängen oder auf dem Balkon. Das sind die kleineren Tipps im Haushalt.

Ist es empfehlenswert, momentan auf andere Heizmethoden umzurüsten? Wenn ja, auf welche?

Jonas (Zusammenfassung mehrer Antworten): Pauschal lässt sich das nicht sagen, dafür muss erst das Gebäude betrachtet werden. In einen Altbau zum Beispiel kann ich nicht einfach eine Wärmepumpe einbauen, das ist ein hocheffizientes System, das wird dann wahrscheinlich nicht funktionieren und zu einem Stromfresser werden. Da sind Faktoren wie Dämmung wichtig, und dann kann so eine Heizung ausgelegt werden. Unter Umständen kann es sich auch lohnen, die Fenster [durch besser gedämmte] auszutauschen und die Heizung erst mal zu lassen. Aber natürlich, erneuerbare Heiztechniken [sind grundsätzlich zu empfehlen].

Lieferzeiten sind bei einer neuen Heizung aber auch ein Problem, oder?

Jonas: Das kommt natürlich auf die geplante Heiztechnik an. Aber klar, diesen Winter wird das knapp. Die Heizung muss ja auch noch eingebaut werden durch einen Handwerksbetrieb, und die haben gerade volle Auftragsbücher – also schwierig.

Wann sollte ich am besten Heizöl bestellen – jetzt schon, oder warte ich noch?

Jonas: Tatsächlich würde ich jetzt schon Öl bestellen, damit ich für den Winter gerüstet bin. Jetzt weiß ich, was es kostet, ich weiß nicht, was es in einem halben Jahr kostet.

Wie sieht es mit Brennholz oder Pellets aus?

Jonas: Auch beim Brennholz beobachten wir eine Preissteigerung von bis zu 100 Prozent, weiter steigend, wo auch noch das Problem ist, dass dieses Jahr kein Brennholz mehr geschlagen wird. Wenn das aufgebraucht ist, gibt’s da auch erst mal nichts mehr.

Finanzen

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat erstmals seit 11 Jahren den Leitzins um 0,5 Prozent angehoben. Was bedeutet das für mich als Privatperson?

Marco: Der Leitzins ist der Zins, [für den] sich die Banken bei der EZB Geld leihen können und Ihr Geld dort parken können. Und das ist die Basis dafür, wie die Banken das Geld an die Kunden weitergeben, als Kredit- oder Sparzinsen. Aktuell ist es so: die Sparer, die haben sich gefreut. Teilweise haben die bislang Strafzinsen bezahlt, wenn sie Geld auf dem Giro- oder Tagesgeldkonto hatten. Die fallen jetzt weg. Nachteil aber für die Häuslebauer im Schwabenländle: wir haben in der Vergangenheit [geringe] Darlehenszinsen gehabt und die sind jetzt nicht mehr da. Wir haben jetzt Richtung 3 Prozent an Zinsen. Das wirkt sich also auf die Kredite aus und die Leute müssen jetzt mehr bezahlen, wenn sie sich was leisten wollen.

Bilder: Symbolbilder/shutterstock