In New Asia soll US-Spezialagent Joshua (John David Washington) den mysteriösen KI-Architekten Nirmata finden., © --/20th Century Studios/dpa
In New Asia soll US-Spezialagent Joshua (John David Washington) den mysteriösen KI-Architekten Nirmata finden. --/20th Century Studios/dpa, dpa
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«The Creator»: Mensch gegen Künstliche Intelligenz

26.09.2023

Vor sieben Jahren begeisterte der britische Filmemacher Gareth Edwards mit seinem Spin-off-Film «Rogue One: A Star Wars Story» die Fans. Der 48-Jährige hat sich danach lange Zeit für sein nächstes Projekt genommen. Doch das Timing ist perfekt.

Sein dystopisches Science-Fiction-Epos «The Creator» behandelt nämlich eines der Topthemen der Gegenwart. Es dreht sich um Gefahren und Chancen der Künstlichen Intelligenz. Im Kern des vielschichtigen und visuell imposanten Dramas steht eine tragische Liebesgeschichte.

Der KI den Krieg erklärt

Das Jahr 2065. Nach einer nuklearen Explosion in Los Angeles, bei der eine Million Menschen getötet wurden, haben die USA der Künstlichen Intelligenz (KI) den Krieg erklärt. Die Technologie wird verboten und systematisch zerstört, nicht nur auf US-Territorium. Mit einem riesigen Raumschiff namens Nomad sind Spezialkräfte unterwegs, um weltweit künstliche Lebensformen und ihren Ursprung auszuschalten.

Hingegen gehört KI im Land New Asia zum alltäglichen Leben. Humanoide Roboter helfen auf dem Feld oder als Taxifahrer und ziehen sogar Waisenkinder auf. In New Asia soll US-Spezialagent Joshua (John David Washington) den mysteriösen KI-Architekten Nirmata finden. Undercover verliebt er sich in die KI-Ingenieurin Maya (Gemma Chan). Bei einem Zugriff fliegt er auf und verliert seine hochschwangere Frau.

Als es fünf Jahre später überraschend ein Lebenszeichen von Maya gibt, lässt sich der trauernde Joshua auf eine weitere Mission in New Asia ein. Nirmata hat eine Superwaffe entwickelt, die Kriege beenden und angeblich auch die Menschheit auslöschen kann. Joshua soll sie zerstören. Doch die Waffe ist ein Roboter-Mädchen mit Emotionen. Joshua nimmt das Kind in seine Obhut und entwickelt Gefühle für sie. Er nennt sie Alphie und macht sich mit ihr auf die Suche nach Maya.

Vielschichtiger Protagonist

John David Washington erweist sich nach «Tenet» erneut als perfekte Wahl dafür, wenn es darum geht, einen vielschichtigen Protagonisten in einem intelligenten Hollywood-Blockbuster zu spielen. Neben Gemma Chan («Eternals», «Crazy Rich») glänzt Oscar-Gewinnerin Allison Janney («I, Tonya») als harte Spezialagentin, die in ihrem Kampf gegen Künstliche Intelligenz keine Gnade kennt. Der japanische Tausendsassa Ken Watanabe («Inception») spielt den Roboter Harun.

Statt auf teure Studiokulissen zu setzen, filmte Regisseur und Drehbuchautor Edwards in den malerischen Landschaften von Kambodscha, Nepal, Indonesien, Thailand und Japan. Im Nachhinein wurden die futuristischen Gebäude, Fahrzeuge und Figuren hinzugefügt. Wohl auch deshalb war «The Creator» mit einem Budget, das Berichten zufolge bei 80 Millionen US-Dollar lag, günstiger als etwa «Oppenheimer» oder «Barbie». Trotzdem sieht der Film absolut spektakulär aus.

Als James Camerons Action-Klassiker «Terminator 2 - Tag der Abrechnung» vor rund 30 Jahren eine düstere Zukunftsvision zeichnete, in der die KI ab 1997 die Kontrolle übernimmt und versucht, die Menschheit auszulöschen, galt das als Sci-Fi-Fantasie. Ähnlich war es bei «Blade Runner» und der Fortsetzung «Blade Runner 2049». Was Edwards in «The Creator» zeigt, erscheint angesichts der rapiden Entwicklung von KI nicht mehr so abwegig und regt zum Nachdenken an.

«Ich glaube, es ist ziemlich wahrscheinlich, dass KI für die Menschheit eine gute Sache sein wird», sagt Edwards im Gespräch der Deutschen Presse-Agentur in London. «Es wird sicher auch ein paar negative Dinge geben, aber wenn man sich große technologische Meilensteine anschaut, dann war nicht die Technologie schuld an negativen Dingen, sondern Menschen, die sie missbraucht haben.» So ist es auch in Edwards' Film. «Wir sind nicht die Guten», sagt der Filmemacher, der die menschliche Seite der Maschinen hervorhebt.

«The Creator» überzeugt auf allen Ebenen

Das Roboter-Kind Alphie, ergreifend gespielt von Madeleine Yuna Voyles, erinnert dabei an Pinocchio. Anders als die berühmte Marionette oder der Android David in Steven Spielbergs Drama «A.I. – Künstliche Intelligenz» von 2001 ist sich Alphie bewusst, dass sie niemals ein Mensch sein kann. Sie wünscht sich nur ein friedliches Zusammenleben zwischen Menschen und Robotern. Solange das Raumschiff Nomad gegen KI unterwegs ist, scheint das allerdings unmöglich.

Im Einklang mit den spektakulären Bildern schafft ein gewaltiger Soundtrack des deutschen Filmkomponisten Hans Zimmer und seines Kollegen Steve Mazzaro («Keine Zeit zu sterben») Atmosphäre. Man habe besprochen, dass es «nicht nach einem Hans-Zimmer-Soundtrack klingen sollte», erzählt Edwards. «Denn andere Komponisten kopieren Hans Zimmer. Und so kann es sich schnell wiederholen.» Zimmer und Mazzaro kombinierten für «The Creator»» futuristische Klänge mit klassischen Motiven und nutzten traditionelle asiatische Instrumente.

Das Resultat ist beeindruckend. «The Creator» ist einer der besten Science-Fiction-Filme der letzten Jahre und im Wortsinne ganz großes Kino. Gareth Edwards ist ein spannendes und bewegendes Epos gelungen, das auf gängige Klischees verzichtet und auf allen Ebenen überzeugt. «Ich habe nicht alle Antworten», sagt Edwards, der bewusst einige Fragen offen lässt. «Die Antworten sind auch nie so interessant.»

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