Störche als Rabeneltern? Was sie bei Futterknappheit tun
31.07.2025
Stuttgart/Mössingen - Auch wenn man es sich dieser verregneten Tage kaum vorstellen kann: Das trockene Frühjahr hat den Störchen in Baden-Württemberg zugesetzt. Viele Elterntiere konnten nach Angaben des Naturschutzbunds (Nabu) nicht genug Futter für ihren Nachwuchs finden. Das habe wohl dazu geführt, dass die Jungtiere sich langsamer entwickelt und länger im Horst gesessen hätten - und später ausgeflogen seien.
1,6 Kilo pro Tag
«Seit Februar fiel weniger als die Hälfte des üblichen Niederschlags. Das hat sich negativ auf das Nahrungsangebot für die Jungvögel ausgewirkt», sagte der Nabu-Weißstorchbeauftragte Stefan Eisenbarth laut Mitteilung.
Ein Jungvogel braucht den Angaben zufolge für einen kurzen Zeitraum bis zu 1.600 Gramm Nahrung pro Tag. Die jungen Störche fressen in ihren ersten Lebenswochen vor allem kleine Tiere, wie Regenwürmer, Insekten und Larven.
Die Schwächsten fliegen raus
Ist das Nahrungsangebot zu knapp, werfen Eltern kleinere der durchschnittlich drei bis fünf Küken aus dem Horst. Das soll die Überlebenschancen der anderen erhöhen. «Das gibt es immer wieder, dieses Jahr allerdings häufiger als sonst – mit regionalen Unterschieden», erklärte der Nabu in Stuttgart dazu.
Die Folgen spürt man der Mitteilung zufolge auch in Vogelpflegestationen, denn nicht alle Jungtiere sterben beim Rauswurf. In Rastatt etwa habe die Feuerwehr einen jungen Storch unverletzt aus einem Schneefanggitter retten und in eine Auffangstation bringen können. «Der Jungstorch kam in Pflege, gedeiht prächtig und wird in den nächsten Wochen ausfliegen», berichtete Eisenbarth.
Der Leiter des Nabu-Vogelschutzzentrums in Mössingen (Landkreis Tübingen), Daniel Schmidt-Rothmund, sagte: «Wir haben über 30 Weißstörche als Pfleglinge aufgenommen.» Dass es jährlich mehr werden, liege auch daran, dass die Population aktuell in Baden-Württemberg noch steige.
Bruterfolg mit regionalen Unterschieden
Wie erfolgreich die Storcheneltern im Südwesten gebrütet haben, steht erst gegen Ende des Jahres fest. Doch erste Zahlen weisen regionale Unterschiede auf: Am Mittleren Oberrhein hat Horstbetreuer Eisenbarth 101 Jungstörche aus 86 Horsten beringt, also knapp 1,2 Jungtiere je Elternpaar. Das seien gerade so viele, wie nötig sind, um die aktuelle Weißstorchpopulation zu halten. Nördlich von Karlsruhe lag der Bruterfolg den Angaben nach sogar bei 2,1 Jungtieren.
In den Regionen Enzkreis, Pforzheim und Ludwigsburg hingegen habe es trotz vieler Brutpaare nicht überall genügend erfolgreiche Bruten gegeben, um auf Dauer die aktuelle Population zu halten, teilte der Nabu weiter mit.
Störche per App ins Winterquartier verfolgen
Im August sammeln sich die Jungstörche demzufolge im Umkreis von 50 Kilometern um den Horst und ziehen spätestens Mitte des Monats gemeinsam in Richtung Winterquartier. Im Enztal zum Beispiel seien die Wässerwiesen ein beliebter Storchen-Treffpunkt. «Jährlich wird dort die traditionelle Wiesenbewässerung wiederbelebt, was für reichlich Futter sorgt», hieß es.
Immer öfter blieben Weißstörche aus dem Südwesten aber auch hier - in Oberschwaben etwa rund ein Drittel der Tiere. In anderen Fällen sei der Flug nur kurz: mit Zielen in Frankreich oder Nordspanien statt in den afrikanischen Ländern Marokko oder Mali. Vogelbeobachter haben manche Störche mit Sendern ausgestattet. Interessierte können so Aufenthaltsorte und Routen beispielsweise über die App «Animal Tracker» verfolgen.
© dpa-infocom, dpa:250731-930-859393/1