Özdemir will mit Bildungs-ID gegen Schulabbrecher vorgehen
18.08.2025
Alle Schülerinnen und Schüler in Baden-Württemberg sollten nach Vorstellung des Grünen-Politikers Cem Özdemir eine digitale Identifikationsnummer bekommen. «Wir brauchen eine Bildungs-ID. Warum ist es allgemein akzeptiert, dass wir mit einer ID sämtliche Steuerdaten einer Person erfassen, aber bei der Bildungsbiographie fehlt ein systematischer Überblick?», sagte der Spitzenkandidat der Grünen für die Landtagswahl der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart.
Mit der ID will Özdemir etwa verhindern, dass Kinder und Jugendliche die Schule ohne Abschluss abbrechen. «Eine Bildungs-ID wäre auch eine Art Schulabbrecher-Prellbock. Sie könnte als eine Art Frühwarnsystem Alarm schlagen, bevor ein Schüler durch das Raster fällt», sagte Özdemir.
Während Corona waren Schüler einfach weg
Während der Corona-Pandemie habe man beobachtet, dass sich Kinder von weiterführenden Schulen einfach abgemeldet hätten. «Aber die dann weder Ausbildung noch Studium begonnen haben. Wo sind die? Die sind einfach weg.» Man könne es sich aber weder bildungspolitisch noch wirtschaftspolitisch leisten, dass auch nur ein einziges Kind verloren gehe, so Özdemir, der in der Ampelregierung auch zeitweise das Bundesbildungsministerium leitete.
Nach Angaben des Statistischen Landesamts verließen im vergangenen Jahr gut 7.500 Schülerinnen und Schüler die Schule ohne einen Schulabschluss. Das waren 5,3 Prozent aller Schulabgängerinnen und -abgänger in dem Jahr. In den vergangenen zehn Jahren hat sich der Anteil der Schulabbrecher deutlich erhöht. 2014 lag ihr Anteil noch bei 3,4 Prozent aller Abgängerinnen und Abgänger.
Konkret stellt sich der Grünen-Spitzenkandidat für die Landtagswahl vor, dass den Kindern am ersten Tag, an dem sie im Schulsystem ankommen, eine individuelle Identifikationsnummer zugewiesen wird. Diese soll dann von Schulform zu Schulform weitergegeben werden. «Wenn ich von der Grundschule auf die Gemeinschaftsschule oder aufs Gymnasium wechsle, dann bekommt die neue Schule Zugriff auf die ID und alle Informationen, die man zur Bildungsbiographie des Kindes hat», sagte Özdemir.
Schüler-ID ist auch auf Bundesebene im Gespräch
Über die ID könne man dann nicht nur das Zeugnis einsehen, sondern die ganze Breite der Bildungskarriere beobachten und schauen, wo das Kind Lücken und Stärken habe und wo man es fördern müsse. «Das wäre ein wichtiger Baustein für eine zielgenaue Förderung und mehr Bildungsgerechtigkeit», so Özdemir. Perspektivisch brauche man auch eine bundesweite ID, so der Grünen-Politiker. «Dann verschwinden Schülerinnen und Schüler auch beim Umzug in ein anderes Bundesland nicht vom Radar.»
In Niedersachsen will die rot-grüne Landesregierung eine digitale Identifikationsnummer für Schülerinnen und Schüler noch in der laufenden Legislaturperiode bis 2027 einführen. Im Koalitionsvertrag der schwarz-roten Bundesregierung heißt es, man unterstütze die Einführung einer zwischen den Ländern kompatiblen und datenschutzkonformen Schüler-ID.
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