«Die Regelsätze beim Bürgergeld sichern das Existenzminimum - nicht mehr und nicht weniger», so Hubertus Heil (SPD)., © Michael Kappeler/dpa
«Die Regelsätze beim Bürgergeld sichern das Existenzminimum - nicht mehr und nicht weniger», so Hubertus Heil (SPD). Michael Kappeler/dpa, dpa
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Heils Sozialetat stößt auf breite Kritik

08.09.2023

Schlagabtausch zum Sozialetat im Bundestag: Politiker der Opposition, aber auch der Koalition haben geplante Mittelkürzungen für Jobcenter heftig kritisiert. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) verteidigte in der Haushaltsdebatte am Freitag die gleichzeitig geplante Erhöhung des Bürgergelds. Einer weiteren Erhöhung des Renteneintrittsalters erteilte er eine Absage.

Nachbesserungsbedarf an den Plänen für die Jobcenter meldete der grüne Koalitionspartner an. «Die Mittelkürzung beim Verwaltungs- und Eingliederungstitel läuft den mit der Bürgergeldreform verbundenen Bestrebungen glatt zuwider», sagte ihr Sozialexperte Frank Bsirske. «Mehr und bessere Leistungen mit weniger Mitteln erbringen zu wollen, kann nicht funktionieren.» In Wirklichkeit bräuchten die Jobcenter mehr und nicht weniger Geld.

Das Bürgergeld war als bisher größte Sozialreform der Regierung zu Jahresbeginn eingeführt worden. Die Regelsätze stiegen um rund 50 Euro, zudem sollen die Betroffenen durch die Jobcenter besser betreut werden.

Gröhe: SPD fährt eigene Reform an die Wand

Unionsfraktionsvize Hermann Gröhe (CDU) sagte, 200 Millionen Euro sollten allein für die Verwaltungskosten der Jobcenter gespart werden, obwohl der jüngste Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst sogar Mehrkosten von 300 Millionen Euro verursache. «Fehlende Mittel der Verwaltung werden dem Eingliederungsmittel entnommen, und die kürzen sie dann auch noch einmal um 200 Millionen.» Bereits früher waren Mittel, die eigentlich für Weiterbildungskurse gedacht waren, zur Bezahlung von Personal verwendet worden. Gröhe sagte, die SPD fahre ihre eigene Bürgergeld-Reform gegen die Wand.

Die Grünen verlangten auch, dass die Regierung Abstand nimmt vom geplanten Wechsel der Betreuung Hunderttausender Arbeitsloser unter 25 von den Jobcentern zu den Arbeitsagenturen. Für die betroffenen rund 700.000 Menschen soll künftig die Arbeitslosenversicherung und nicht mehr der Steuerzahler aufkommen. Entlastet würde der Etat des Arbeitsressorts um rund 900 Millionen Euro.

Bsirske sagte, damit drohe dann «eine Lücke im Sozial- und Betreuungsnetz». Gröhe kritisierte: «Sie zerschlagen Hilfswerke für jugendliche Arbeitslose.» Die Linke-Fraktionsvize Gesine Lötzsch stellte fest: «Den jungen Menschen helfen sie damit nicht.» FDP-Fraktionsvize Claudia Raffelhüschen zeigte sich an dem Punkt zurückhaltend. Es müsse erst die Frage geklärt werden, ob es sich um wirkliche Sparmaßnahmen handele.

Ausgabenstärkster Einzeletat

Insgesamt ist Heils Etat mit geplanten Ausgaben von 171,7 Milliarden Euro der mit Abstand ausgabenstärkste Einzeletat des Bundeshaushalts 2024. Im laufenden Jahr umfasst der Etat 166,2 Milliarden Euro. Für das Bürgergeld, bisher Arbeitslosengeld II, sind im Entwurf 24,3 Milliarden Euro vorgesehen, rund 500 Millionen mehr als im laufenden Jahr. Für die Eingliederung in Arbeit sieht der Entwurf allerdings um 200 Millionen auf 4,2 Milliarden Euro sinkende Mittel vor.

Der AfD-Abgeordnete René Springer kritisierte, mit dem Bürgergeld habe die Koalition eine Situation geschaffen, «in der sich etliche Erwerbsfähige bewusst dem Arbeitsmarkt entziehen». Die Existenz als Transferleistungsempfänger sei wesentlich lukrativer, «als einer ehrlichen Arbeit nachzugehen».

Heil wies Kritik an der geplanten Erhöhung des Bürgergelds zurück. «Die Regelsätze beim Bürgergeld sichern das Existenzminimum - nicht mehr und nicht weniger», so der Minister. Es sei «gesellschaftliches Gift», Beschäftigte und Bedürftige gegeneinander auszuspielen. Auch CDU-Chef Friedrich Merz hatte die geplante Erhöhung des Bürgergeldes um rund 60 Euro etwa für Alleinstehende zu Beginn des kommenden Jahres kritisiert.

Zugleich bekräftigte Heil, demnächst ein Gesetz für mehr Tarifbindung vorlegen zu wollen. Auch das sorge für höhere Einkommen. Zudem bekräftigte Heil, «in Kürze» ein Rentenpaket vorlegen zu wollen, «das dauerhaft auch für zukünftige Generationen das Rentenniveau festschreibt und stabilisiert». Einer weiteren Erhöhung des gesetzlichen Renteneintrittsaltes erteilte er erneut eine Absage. «Ich halt das für lebensfremd und ungerecht», sagte Heil.

© dpa-infocom, dpa:230908-99-120385/2