Der internationale Druck auf Israel wegen der Not im umkämpften Gazastreifen nimmt zu. (Archivbild), © Jehad Alshrafi/AP/dpa
Der internationale Druck auf Israel wegen der Not im umkämpften Gazastreifen nimmt zu. (Archivbild) Jehad Alshrafi/AP/dpa, dpa
  • Infoline
  • DPA-News

Druck auf Israel wegen humanitärer Notlage in Gaza nimmt zu

13.08.2025

Der internationale Druck auf Israel wegen der katastrophalen humanitären Lage im umkämpften Gazastreifen nimmt zu. «Alle Grenzübergänge und Routen müssen genutzt werden, um eine Flut von Hilfsgütern nach Gaza zu ermöglichen», fordern 26 westliche Staaten und die EU-Kommission in einer gemeinsamen Erklärung. Deutschland schloss sich dem Appell nicht an.

«Vor unseren Augen breitet sich eine Hungersnot aus», heißt es in der Erklärung - um die Zivilbevölkerung zu schützen, seien dringende Maßnahmen notwendig. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagte dagegen jüngst: «Es gibt keine Politik des Aushungerns im Gazastreifen, und es gibt keinen Hunger im Gazastreifen.»

Unterzeichnet wurde die Erklärung von drei EU-Kommissarinnen - darunter die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas - sowie den Außenministerinnen und Außenministern der meisten EU-Länder, Australiens, Kanadas, Islands, Japans, Norwegens, der Schweiz und Großbritanniens. Gebraucht würden unter anderem Nahrung, Unterkünfte, Treibstoff, sauberes Wasser und Medikamente, heißt es in dem Appell. Außerdem müssten Zivilisten und Helfer an den Verteilungsstellen geschützt werden.

USA halten an umstrittener Stiftung fest

Immer wieder gibt es Berichte über tödliche Zwischenfälle in der Nähe der von der umstrittenen Gaza Humanitarian Foundation (GHF) betriebenen Verteilstellen. Die Stiftung wird von Israel und den USA unterstützt und hatte ihren Einsatz in dem abgeriegelten Küstengebiet im Mai nach einer fast dreimonatigen israelischen Blockade von Hilfslieferungen begonnen.

Das US-Außenministerium hatte nach eigenen Angaben 30 Millionen Dollar für die GHF genehmigt. Davon seien bislang «mehr als die Hälfte» ausgezahlt worden, wie eine Sprecherin des Ministeriums erklärte. US-Präsident Donald Trump wolle zur Verbesserung der Lage beitragen – aufbauend auf dem Einsatz der GHF.

Internationale Organisationen sehen jedoch die GHF nicht als geeignet, die Lage der Notleidenden in dem weitgehend verwüsteten Küstengebiet zu verbessern. Dies könne nur über die eingespielten Mechanismen der UN und anderer Organisationen mit entsprechender Erfahrung bewerkstelligt werden.

Israel: Bewaffnete nutzten Emblem von Hilfsorganisation

Die israelische Regierung müsse den UN- und Nichtregierungsorganisationen dauerhaften Zugang zu dem Gebiet ermöglichen, forderten die 26 westlichen Staaten und die EU-Kommission. Israel hatte den neuen Verteilmechanismus der GHF eingeführt, um UN-Hilfsorganisationen und andere Initiativen zu umgehen. Nach Angaben der Regierung Netanjahus soll auf diese Weise verhindert werden, dass die Hamas humanitäre Hilfsgüter für sich abzweigt.

Israelischen Militärangaben zufolge verwendeten bewaffnete Palästinenser im Gazastreifen ein Fahrzeug mit einem gefälschten Emblem der Hilfsorganisation World Central Kitchen (WCK). Nach Klärung mit WCK, dass das Fahrzeug nicht zu ihnen gehörte, seien am Wochenende fünf Bewaffnete aus der Luft getötet worden, weil sie eine Bedrohung dargestellt hätten. WCK bestätigte auf Anfrage, man sei von der israelischen Seite kontaktiert worden und habe bestätigt, dass das Fahrzeug und die Personen nicht zu ihr gehörten.

Al-Dschasira korrigiert Zahl getöteter Mitarbeiter

Unterdessen korrigierte der arabische TV-Sender Al-Dschasira die Zahl seiner bei einem israelischen Luftangriff im nördlichen Gazastreifen getöteten Mitarbeiter nach unten. Außer dem Korrespondenten Anas al-Scharif seien drei seiner Kollegen bei einem gezielten Angriff auf ein Zelt für Journalisten in der Stadt Gaza ums Leben gekommen, teilte der Sender mit. Zuvor hatte Al-Dschasira von fünf getöteten Mitarbeitern gesprochen. Laut der Organisation Reporter ohne Grenze starben insgesamt sechs Journalisten.

Das israelische Militär hatte den Tod von Anas al-Scharif bestätigt. Der 28-Jährige habe sich als Al-Dschasira-Journalist ausgegeben, er habe aber eine Terrorzelle der islamistischen Hamas angeführt, erklärte die Armee. Sie berief sich auf angebliche Informationen der Geheimdienste und im Gazastreifen gefundene Dokumente, die seine militärische Zugehörigkeit zur Hamas belegen sollen. Zu den anderen fünf Opfern des Angriffs äußerte sich Israels Militär nicht. Der Angriff auf die Journalisten wurde international kritisiert.

Israelische Kampfpiloten fordern Ende des Kriegs

In Israel demonstrierten rund 200 ehemalige und aktive israelische Kampfpiloten vor dem Militärhauptquartier in Tel Aviv für ein Ende der Kämpfe und eine Vereinbarung zur Freilassung der Geiseln. Die Regierung verfolgt jedoch einen neuen Kriegsplan, der nach Angaben von Ministerpräsident Netanjahu neben der Einnahme der Stadt Gaza auch die Zerschlagung der Hamas in den zentralen Flüchtlingslagern vorsieht.

Neben den USA bemühen sich laut Medienberichten auch Katar und Ägypten derzeit um eine Wiederaufnahme der indirekten Gespräche zwischen Israel und der Hamas über eine Waffenruhe und Geiselfreilassung. Nach Angaben aus ägyptischen Sicherheitskreisen kam am Dienstag eine Hamas-Delegation zu Gesprächen in die ägyptische Hauptstadt Kairo. Die Gespräche sollten heute fortgesetzt werden, zitierte die «Times of Israel» einen arabischen Diplomaten.

Netanjahu lehnt Teil-Abkommen ab

Netanjahu sagte dem Sender «i24news», er sei nicht mehr zu einem «Teil-Abkommen» mit der Hamas bereit. Man strebe stattdessen einen Deal an, in dessen Rahmen alle 50 noch im Gazastreifen verbliebenen Geiseln - die Lebenden und die Toten - gleichzeitig von der Hamas herausgegeben werden. Die Islamisten fordern im Gegenzug ein vollständiges Ende des fast zweijährigen Krieges und einen Abzug der israelischen Truppen aus Gaza.

UN: Hinweise auf sexuelle Gewalt gegen Palästinenser

UN-Generalsekretär António Guterres zeigt sich derweil äußerst besorgt über nach seinen Angaben glaubwürdige Informationen, wonach israelische Sicherheitskräfte palästinensischen Gefangenen sexuelle Gewalt zugefügt haben sollen. Die Vorwürfe, die er in einem Brief an Israels UN-Botschafter Danny Danon äußerte, beziehen sich auf angebliche Vorfälle in mehreren Gefängnissen, einem Haftzentrum und einer Militärbasis. Danon wies die Anschuldigungen zurück.

Guterres' Brief geht der Veröffentlichung des jährlichen UN-Berichts zu sexualisierter Gewalt voraus. Er schreibt, es sei schwierig gewesen, Hinweise zu sammeln, weil den UN-Beobachtern der Zugang zu den besagten Gebäuden verweigert worden sei. «Ich fordere die israelische Regierung dringend auf, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die sofortige Einstellung aller Akte sexueller Gewalt sicherzustellen», so Guterres.

Danon, der den Brief veröffentlicht hatte, kritisierte Guterres auf der Plattform X: Der UN-Generalsekretär habe sich erneut «auf unbegründete Anschuldigungen gestützt, die auf tendenziösen Veröffentlichungen basieren». Die Vereinten Nationen sollten sich auf «die schockierenden Kriegsverbrechen der Hamas» und die «sofortige Freilassung aller Geiseln» konzentrieren.

UN-Chef Guterres äußert Besorgnis über Berichte zu sexueller Gewalt gegen palästinensische Gefangene. (Archivbild) , © Bianca Otero/ZUMA Press Wire/dpa
Al-Dschasira-Korrespondent Anas al-Scharif wurde zusammen mit anderen Journalisten getötet. (Archivbild), © Uncredited/AL JAZEERA via AP/dpa
Israels Regierung plant eine Ausweitung des Gaza-Krieges.  , © Ohad Zwigenberg/AP/dpa
Nach Militärangaben verwendeten bewaffnete Palästinenser das gefälschte Emblem einer Hilfsorganisation. (Archivbild), © Abed Rahim Khatib/dpa

© dpa-infocom, dpa:250813-930-904988/1