Alltagsmythen entlarvt: Folge 2
22.07.2025
Wir alle haben sie schon gehört: kluge Ratschläge von Eltern, Freunden oder Bekannten, die angeblich unumstößlich sind. „Lies nicht im Dunkeln, das ruiniert deine Augen.“ Oder: „Rasierte Haare wachsen dicker nach.“ Viele dieser Aussagen klingen logisch, aber sind sie auch wahr?
In unserer Serie „Alltagsmythen entlarvt“ nehmen wir bekannte Behauptungen aus dem Alltag unter die Lupe: mit einem klaren Blick auf die Fakten. In Folge 2 geht es unter anderem um Stiere, die angeblich rot sehen, schlafende Menschen, die Spinnen verschlucken sollen und Schweine, die zu Unrecht als Dreckspatzen gelten.
Also: Was stimmt wirklich? Und was ist einfach nur ein hartnäckiges Gerücht?
Lesen im Dunkeln schadet den Augen
Viele Eltern mahnten früher: „Mach das Licht an, sonst verdirbst du deine Augen!“ Dabei ist klar: Lesen bei schwachem Licht ist zwar anstrengender - die Augen ermüden schneller - aber einen bleibenden Schaden richtet es nicht an. Du bekommst keine Kurzsichtigkeit oder Augenkrankheit nur durchs Dunkel-Lesen. Es fühlt sich nur unangenehmer an, fast so wie beim Arbeiten ohne Brille.
Stress macht automatisch krank
Oft hört man, Stress sei direkt krankmachend - und chronischer Stress kann tatsächlich auf Dauer den Körper schwächen. Aber pauschal sorgt jeder kleine Alltagsstress nicht sofort für eine Krankheit. Kopfweh, Magenprobleme oder Schlafstörungen durch Dauerstress sind real, aber nicht jeder Hexenschuss kommt allein von Hektik. Studien zeigen: Wer dauerhaft hoch belastet ist, hat Risiken für Kreislauf und Psyche. Aber Menschen, die nur hin und wieder mal Hektik haben, verlieren nicht von heute auf morgen ihr Immunsystem.
Man darf einen Schlafwandler nicht wecken
Ist ein Freund im Schlaf aus dem Bett gestiegen und schleicht herum, warnen Ratgeber: „Wach ihn bloß nicht auf!“ Tatsächlich ist Aufwecken weder gefährlich noch verboten. Wer schlafwandelnd durchs Zimmer läuft, wird oft etwas verwirrt sein, wenn man ihn weckt, aber er fällt nicht tot um. Man holt ihn am besten sanft zurück ins Bett. Es ist richtig, eher behutsam zu wecken, damit niemand stürzt. Aber grundsätzlich: Niemand erleidet einen infarktartigen Schock, wenn man ihn aus dem Schlafreißer reißt.
Häufiges Gelenkknacken führt zu Arthrose
Wer oft Finger, Knie oder Nacken knackst, hört ominöse Warnungen: „Davon bekommst du im Alter Arthrose!“ Der Korkenzeichen-Test von Donald Unger hat es bewiesen: Auch wenn sich Gelenke knacken, entsteht meist kein Arthrose. Das Ploppgeräusch entsteht durch Gasblasen, die sich in der Gelenkflüssigkeit lösen, wenn man streckt oder beugt. Solange dabei kein Schmerz auftritt, passiert dem Gelenk nichts. Beweglichkeit und Muskelkraft sind viel wichtiger gegen Arthrose als die Geräusche, die beim Knacken entstehen.
Rasieren lässt das Haar dicker nachwachsen
Wenn sich Bärte oder Beine nach der Rasur stoppeliger anfühlen, wundern sich viele: Muss die Klinge das Haar nicht härter gemacht haben? Wissenschaftler sagen: Nein. Rasieren schneidet das Haar nur an der Oberfläche ab. Die Haarwurzel und ihr Wachstum ändern sich nicht. Das frisch angeschnittene Haar wirkt nur dicker, weil es vorne eine eckige Schnittkante statt einer feinen Spitze hat. Sobald es länger wird, ist es wieder weich.
Dunkles Brot ist automatisch gesünder
Der Gang in die Bäckerei mit der Hoffnung auf „gesunde Kost“ führt oft zum dunklen Brot. Aber Achtung: Nicht jede dunkle Scheibe ist ein echtes Vollkornbrot. Meist kommt dunkle Farbe von Röstmalz oder Körnern, nicht von Vollkornmehl. Ein echtes Vollkornbrot erkennt man am Wort „Vollkorn“ auf der Verpackung oder auf der Zutatenliste. Helles Brot mit 100 % Vollkorn kann genauso gesund sein wie ein dunkel gefärbtes industrielles Mischbrot. Farbe allein lügt.
Menschen verschlucken im Schlaf acht Spinnen pro Jahr
Ein regelrechter Klassiker unter den Horrorgeschichten: „Im Schlaf verschluckt jeder Mensch acht Spinnen im Jahr!“ Falschmeldung. In Wahrheit ist dieses Gerücht frei erfunden – die Anzahl ist komplett erfunden. Schlafforscher erklären: Menschen atmen und schnarchen im Schlaf, und die leisen Vibrationen würden Spinnen sofort verscheuchen. Es ist also äußerst unwahrscheinlich, dass man überhaupt eine Spinne im Mund bemerkt – geschweige denn viele.
Blitze schlagen niemals zweimal am selben Ort ein
Vom Freundeskreis hört man: „Das trifft sich ein Blitz niemals zweimal.“ Aber die Realität ist anders: Ein hoher Turm, etwa ein Funkmast oder ein großer Baum, kann bei Gewitter ständig vom Blitz getroffen werden. Die Wahrscheinlichkeit eines zweiten Einschlags an derselben Stelle ist zwar etwas geringer, aber keineswegs ausgeschlossen. Hochhäuser in Blitzschutzgebieten belegen: Dort schlägt der Blitz oft mehrmals an derselben Spitze ein.
Stiere reagieren auf rote Tücher
Man kennt es aus dem Stierkampf: Ein Torero schwingt ein rotes Tuch und der wütende Stier stürmt los. Die sogenannte Muleta ist jedoch für den Stier gar nicht wegen ihrer Farbe interessant. Rinder können Rot gar nicht wirklich unterscheiden - sie sehen darin eher ein Grau. Sie werden viel stärker von den schnellen Bewegungen des Tuchs provoziert als von dessen Farbe. Ein so ruhiges Tier wie ein Stier würde in Wirklichkeit auch auf ein andersfarbiges, sich bewegendes Tuch angesprungen.
Schweine sind schmutzige Tiere
„Du bist ein Schwein!“ - das glaubt mancher, doch es stimmt nicht. Schweine sind von Natur aus sehr reinlich. Sie legen ihren Fress- und Schlafplatz sauber. Im Schlamm suhlen sie sich nicht, weil sie schmutzig sein wollen, sondern weil ihnen das kühle Matschbad bei Hitze hilft und sie sich so vor Insekten schützen. Rückständigen Geruch bekommen nur Ställe mit schlechter Hygiene. Freilaufende Schweine suchen sich im Gegenteil saubere Stellen - im Gegenteil zu Hunden, die sich gern mal in stinkenden Dingen wälzen.
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