Ukraine-Gespräche mit Selenskyj in Berlin, © Fabian Sommer/dpa
Ukraine-Gespräche mit Selenskyj in Berlin Fabian Sommer/dpa, dpa
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Europäer vor Alaska-Gipfel: Sicherheitsinteressen wahren

13.08.2025

Vor dem Alaska-Gipfel von Donald Trump mit Wladimir Putin zur Ukraine versuchen die Europäer, den US-Präsidenten auf fünf Punkte für mögliche Friedensgespräche festzulegen - darunter einen Waffenstillstand und Sicherheitsgarantien.

Kanzler Friedrich Merz (CDU) machte bei einer Pressekonferenz mit dem ukrainischen Präsident Wolodymyr Selenskyj deutlich: «In Alaska müssen grundlegende europäische und ukrainische Sicherheitsinteressen gewahrt bleiben.» Diese Botschaft gäben die Europäer Trump mit auf den Weg. Merz sprach von «Hoffnung auf Bewegung» und «Hoffnung auf einen Frieden in der Ukraine».

Die Europäer und Selenskyj befürchten, dass sich Trump und Putin am Freitag in Alaska auf Gebietsabtretungen der Ukraine an Russland verständigen könnten, die Kiew strikt ablehnt.

Als Signal der Unterstützung für die Ukraine hatte Merz, der die Videoschalten organisiert hatte, Selenskyj auch zu der Telefonkonferenz mit Trump nach Berlin eingeladen. Der Ukrainer verwies zur Frage von Gebietsabtretungen auf die Verfassung seines Landes, die diese nicht erlaubt. Selenksyj sagte aber: «Ich möchte sofort unterstreichen, dass jegliche Fragen, welche die territoriale Unversehrtheit unseres Staates betreffen, nicht ohne Berücksichtigung unseres Staates, unseres Volkes, den Willen des Staates, den Willen unseres Volkes und der Verfassung der Ukraine besprochen werden können.»

«Ein Waffenstillstand muss am Anfang stehen»

Merz betonte, bei den Beratungen seien sich die Teilnehmer in der Bewertung der Ausgangslage als auch in dem erreichbaren Ziel für Freitag sehr einig gewesen. Er sagte mit Blick auf das Gipfeltreffen in Alaska: «Wir wollen, dass Präsident Donald Trump am Freitag in Anchorage Erfolg hat.»

Deutlich gemacht worden sei, dass die Ukraine mit am Tisch sitzen müsse, sobald es Folgetreffen gebe. «Wir wollen, dass in der richtigen Reihenfolge verhandelt wird. Ein Waffenstillstand muss am Anfang stehen», sagte Merz. Wesentliche Elemente sollten anschließend in einem Rahmenabkommen vereinbart werden.

Drittens nannte er: «Die Ukraine ist zu Verhandlungen über territoriale Fragen bereit. Dann muss aber die sogenannte Kontaktlinie der Ausgangspunkt sein und eine rechtliche Anerkennung russischer Besetzungen steht nicht zur Debatte. Der Grundsatz, dass Grenzen nicht gewaltsam verändert werden dürfen, muss fortgelten.» Als Kontaktlinie wird der Frontverlauf bezeichnet.

Nötig seien zudem «robuste Sicherheitsgarantien für Kiew» und die Verteidigungsfähigkeit durch die ukrainischen Streitkräfte. Zudem müssten Verhandlungen Teil einer gemeinsamen transatlantischen Strategie sein.

Ohne Ergebnisse in Alaska mehr Druck auf Russland gefordert

Sollte es in Alaska keine Bewegung geben, müssten die USA und die Europäer den Druck erhöhen: «Präsident Trump kennt diese Position, er teilt sie sehr weitgehend. Und deswegen kann ich sagen: Wir haben ein wirklich ausgesprochen konstruktives und gutes Gespräch miteinander gehabt.»

Neben Merz, Selenskyj und Trump waren EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, EU-Ratspräsident António Costa und Nato-Generalsekretär Mark Rutte zugeschaltet sowie Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron, der britische Premierminister Keir Starmer, Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni und der finnische Präsident Alexander Stubb. Darüber hinaus war Polen in verschiedenen Runden durch Staatsoberhaupt Karol Nawrocki beziehungsweise Regierungschef Donald Tusk vertreten.

Nach Ansicht der EU-Kommissionspräsidentin haben Europa, die USA und die Nato ihre gemeinsame Basis gestärkt, wie sie nach der Schaltkonferenz mitteilte. Sie sprach von einem «sehr guten Gespräch», bei dem sich über das bevorstehende bilaterale Treffen in Alaska ausgetauscht worden sei.

Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron sprach sich für ein Dreiertreffen zwischen Trump, Kremlchef Putin und Selenskyj in Europa aus. Er erklärte: «Wir wünschen uns, dass das in Europa abgehalten wird, in einem neutralen Land, das von allen Seiten akzeptiert wird.»

Russland will in Alaska auch über bilaterale Fragen sprechen

Russland will in Alaska am Freitag nach Angaben des Außenministeriums in Moskau weiter auf eine Normalisierung der bilateralen Beziehungen hinarbeiten. Es gehe bei dem Treffen um alle Fragen, die sich angestaut hätten – angefangen beim Ukraine-Konflikt bis hin zu den Hindernissen für einen normal funktionierenden Dialog zwischen beiden Ländern, sagte der stellvertretende Ministeriumssprecher Alexej Fadejew in Moskau. Der Gipfel habe höchste Bedeutung für den internationalen Frieden und die Stabilität in der Welt.

Russische Truppen sind in den vergangenen Wochen im Osten der Ukraine verstärkt vorgerückt. Zugleich haben die Vereinten Nationen in der Ukraine im Juli einen Höchststand an verletzten und getöteten Zivilisten registriert. Dem vom Büro des Hohen Kommissars für Menschenrechte veröffentlichten Bericht zufolge wurden 286 Menschen getötet und 1.388 verletzt. Das sei der höchste Wert seit Mai 2022.

Gegenüber dem gleichen Vorjahresmonat stiegen die Opferzahlen um 22,5 Prozent an. Beinahe 40 Prozent der Opfer sind dem Bericht nach auf russische Luftangriffe mit Drohnen und Raketen auf Ziele im ukrainischen Hinterland - darunter Großstädte wie Kiew, Dnipro und Charkiw - zurückzuführen.

Ukraine-Gespräche mit Selenskyj in Berlin, © Fabian Sommer/dpa
Ukraine-Gespräche mit Selenskyj in Berlin, © John Macdougall/AFP Pool/dpa

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