Welche Rechte hab ich, wenn mein Flug storniert wird?

Welche Rechte hab ich, wenn mein Flug storniert wird?

Urlaubsfrust statt Urlaubslust – das ist momentan bittere Realität bei vielen Reisenden. Grund ist das Reisechaos, da überall Personal fehlt und Flughäfen und Airlines dem Ansturm an Sommerreisenden nicht gewachsen sind. Zahlreiche Flüge wurden bereits storniert. Damit Ihr gut vorberietet seid und einen stressfreien Urlaub in den Sommerferien erlebt, haben wir uns die Tipps von zwei Reiserechtlern eingeholt! Daniel Krummacher und Paul Knorr von Dr. Kroll & Partner beantworten hier Eure Fragen rund ums Thema Urlaub.

Flugreisen

Wenn mein Flieger gecancelt wird, welche Schritte muss ich dann einleiten?

Krummacher: Bei Pauschalreisen sofort an den Veranstalter wenden und den Mangel anzeigen. Im Zweifelsfall kümmert sich dann der Pauschalreiseveranstalter mit der Airline zusammen um die Beförderung. Bei einer Individualreise gilt die EU-Fluggastrechteverordnung, da muss ich mir aktiv bei der Airline meine Rechte einfordern, das heißt den schnellstmöglichen Ersatzflug. Verpflegung und Unterkunft auf Kosten der Airline kann ich dann auch anfordern. Am Schalter hartnäckig bleiben.

Wie viel früher muss ich am Flughafen sein, ohne, dass man mir ankreiden kann, ich sei zu spät dran gewesen?

Krummacher: Das, was im Vertrag geregelt ist, ist auch einzuhalten. Viele Pauschalreiseveranstalter oder auch die Airlines geben Zeiten in ihren Verträgen an, die muss ich beachten. Nur, wenn nichts geregelt ist, kann ich hilfsweise auf die Fluggastrechteverordnung zurückgreifen, die sagt dann 45 Minuten vor der Abflugzeit. Das finde ich persönlich wahnsinnig sportlich. Die Rechtssprechung sieht das ähnlich und sagt, bei Inlandsflügen sollte man 90 Minuten früher da sein, bei Europa- oder Interkontinentalflügen sogar zwei bis drei Stunden. Anfang des Jahres gab’s ein Urteil des Oberlandesgericht in Frankfurt die sagten, wer drei Stunden vorher da ist, der macht alles richtig und kann dann nicht selbst Schuld sein, wenn es zu spät wird.

Wie weise ich nach, dass ich nicht zu spät war? Muss ich dazu am Flughafen etwas dokumentieren?

Krummacher: Dokumentieren sollte man immer, denn Recht kriegen ist auch eine Frage des Beweisen können, das bedeutet: am besten mit dem Handy ein Selfie machen, wie man in der Schlange steht, vielleicht die Kontaktdaten von Mitreisenden aufnehmen, dass man sich dann auch wechselseitig als Zeugen weiterhelfen kann. Oft ist es auch so, dass man die Bordkarte schon bekommen hat, aber es dann an den Sicherheitskontrollen zu lang dauert. Dann ist diese ein super Beweis dafür, dass man selbst rechtzeitig da war.

Was kann ich tun, wenn mein Gepäck nicht am Zielort ankommt?

Knorr: Das habe ich neulich selbst erleben müssen und das ist natürlich eine große Aufregung. Wichtig ist, das am Flughafen direkt am Lost&Found-Schalter zu melden und da geht man dann auch nicht, bevor man eine Referenznummer bekommen hat. Dann kann man das Gespräch auch nachverfolgen. In der Regel taucht das Gepäck auch wieder auf, da muss man sich nicht die allergrößten Sorgen machen. Ich habe dann auch das Recht, eine Ersatzbeschaffung zu tätigen. Die muss im angemessenen Rahmen sein. Das heißt, ich kaufe mir keine vier Anzüge von einer Luxusmarke, sondern vielleicht ein einfaches Shirt und einfache Schuhe.

Sollte das Gepäck ganz verschwinden, was im Regelfall nicht passiert, habe ich einen Anspruch auf Schadensersatz von bis zu 1.400 Euro. Es ist zäh nachzuweisen, was war im Koffer drin und wie viel war es wert, wenn ich mir keine Gepäckliste erstellt habe.

Wer muss für meine Unterkunft aufkommen, wenn mein Rückflug ausfällt und ich dadurch eine Nacht länger bleiben muss?

Krummacher: Wenn ich eine Pauschalreise gebucht habe, ist die Antwort klar: der Veranstalter. Er muss mir beistehen, er muss dafür sorgen, dass ich für mindestens ein paar Tage vor Ort untergebracht werde, und er hat die Pflicht, mir einen Rückflug zu organisieren. Die Pauschalreise sichert mich hier sehr gut ab.

Knorr: Im Rahmen von der Individualreise kommt es drauf an, wo der Flug startet. Innerhalb von Europa habe ich die Rechte aus der Fluggastrechteverordnung. Die habe ich auch, wenn mich eine europäische Airline [aus nicht-europäischem Raum] nachhause fliegt. Da gilt die Airline als Ansprechpartner, die muss mir einen Ersatzflug organisieren und wenn es über Nacht geht auch die Unterkunft. Bei langen Wartezeiten habe ich Anspruch auf Verpflegung, das heißt Essen und Trinken in angemessenem Rahmen.

Wer kommt für den Arbeitsausfall auf, wenn ich durch einen gestrichenen Flug einen Tag zu spät nachhause komme?

Krummacher: Grundsätzlich ist für das, was vor Ort anfällt an Aufwand der Veranstalter verantwortlich, wenn es eine Pauschalreise ist. Bei der Individualreise unter Umständen die Airline. Arbeitsrechtlich gesehen bekomme ich zunächst keinen Lohn, wenn ich nicht arbeite. Denn das sogenannte Wegerisiko trage ich als Arbeitnehmer immer selbst. Ich habe also die Pflicht, pünktlich an meinem Arbeitsplatz zu erscheinen. Gelingt mir das nicht, z.B. weil der Flug ausfällt, sollte ich unverzüglich meinen Arbeitgeber informieren. Mit dem muss ich ausmachen, ob ich bezahlten Urlaub bekomme, ob ich Überstunden abbauen kann oder einen unbezahlten Sonderurlaub verhandeln kann. Einen Schadensersatz für Verdienstausfall muss die Airline nur dann zahlen, wenn ich ein Verschulden nachweisen kann. Das heißt, mindestens Fahrlässigkeit der Airline vorgelegen hat. Hier haben wir in der Praxis oft das Problem, dass der Nachweis für diese Fahrlässigkeit sehr schwierig ist. Wenn die Airline aber haftet, dann kann ein Schadensersatz von bis zu 5.800 Euro in der Regel möglich sein.

Vor Ort und im Hotel

Auf was muss ich bei einer Pauschalreise achten, wenn ich auf Grund von Personalmangel in ein anderes Hotel umgebucht werde?

Knorr: Grundsätzlich dürfte bei einer Pauschalreise die Umbuchung einen erheblichen Reisemangel darstellen. Passiert die Umbuchung vor Reiseantritt, kann ich eventuell vom Vertrag zurücktreten. Wenn es bei der Ankunft erst passiert, muss ich den Mangel unverzüglich bei meinem Reiseveranstalter anzeigen, den informieren, Abhilfe verlangen, und dann kann ich auch später Minderungsrechte für den Reisepreis geltend machen.

Was, wenn ich bei einer Pauschalreise bei einem überbuchten Hotel selbst ein anderes buche?

Knorr: Bei einer Pauschalreise wäre das eine Selbstabhilfe, da muss ich davor auf jeden Fall die Mängelanzeige machen und eine angemessene Frist warten, dass der Reiseveranstalter tätig werden kann. Wenn ich es dann selbst buche, dann kann ich die Kosten im Rahmend er Selbstabhilfe ersetzt verlangen. Da renne ich aber eventuell meinem Geld hinterher, aber den Anspruch dürfte man haben, wenn der Reiseveranstalter nicht selbst tätig wird.

Welche Rechte habe ich, wenn das Hotel vor Ort wegen Personalmangels den gebuchten Standard nicht erfüllt?

Krummacher: Nach dem Gesetz ist eine Pauschalreise nur dann frei von Reisemängeln, wenn sie die vereinbarte Beschaffenheit hat. Wenn das tatsächliche Ist vom vereinbarten Soll abweicht, zum Beispiel weil die Bar geschlossen hat oder keine Kinderbetreuung vorliegt, dann spricht der Reiserechtler von einem Mangel. Dann gilt das, was für alle Mängel gilt: diesen unverzüglich gegenüber dem Veranstalter anzeigen, Abhilfe verlangen und eine angemessene Frist setzen. Wenn dann nicht abgeholfen wird, dann hat man Anspruch darauf, eine Minderung durchzusetzen, auch im Nachhinein. Nach der sogenannten Kemptener Reisetabelle können das bis zu 20 Prozent des Reisepreises sein.

Was ist, wenn meine Airbnb- oder Ferienwohnung nicht dem Angebot entspricht und anders aussieht als auf den Bildern?

Krummacher: Auch hier gilt: dokumentieren, dokumentieren, dokumentieren. Den Mangel anzeigen gegenüber demjenigen, der verantwortlich ist. Das ist bei der Ferienwohnung und Airbnb in der Regel der Eigentümer der Wohnung. Das heißt, sobald ich angekommen bin, unverzüglich melden. Airbnb ist sogar sehr streng und sagt, wer innerhalb der ersten 24 Stunden einen Mangel nicht anzeigt, muss damit rechnen, dass er keine Erstattung bekommt und nicht umgebucht wird.

Wie kann ich mich vorbereiten, dass ich beim Mietwagen vor Ort nicht über den Tisch gezogen werde, indem ich beispielsweise über eine Zusatzversicherung abgezockt werde?

Knorr: Auf jeden Fall dokumentieren, Bilder machen und auf die Protokollierung von Mängeln bestehen. Wenn der Mietwagen Mängel aufweist, sich auch Zeit lassen, nicht hetzen lassen. Diese Extra-Super-Versicherungen für nur 200 Euro für drei Tage sind in der Regel auch nicht notwendig, wenn ich schon vorab übers Internet buche, da habe ich nämlich meistens eine Kaskoversicherung drin. Vor Ort nicht aus der Ruhe bringen und drängeln lassen.

Buchung und Versicherung

Wie buche ich vorab am besten, um auf der sicheren Seite zu sein?

Krummacher: Unsere ganz klare Empfehlung: eine Pauschalreise ist immer noch am sichersten und empfehlenswertesten. Da gibt es einen klaren Ansprechpartner, eine Insolvenzabsicherung wenn etwas nicht gelingt, und es gibt die Möglichkeit hinterher Schadensersatz für nutzlos aufgewendete Urlaubstage zu bekommen.

Nur wer günstiger oder flexibler sein will, sollte auf eine Individualreise zurückgreifen und schauen, ob er sich selber bucht, seine Flüge, sein Hotel und seinen Mietwagen zusammenstückelt und dadurch vielleicht einige Kosten spart. Sicherer bleibt die Pauschalreise.

Welche Reiseversicherung brauche ich wirklich, um gut vorbereitet und abgesichert zu sein?

Knorr: Es gibt die bekannte Reiserücktritts- oder Reisekostenversicherung. Die greift grundsätzlich bei Erkrankungen. In den Bedingungen steht oft drin, das Corona nicht greift als Grund, weil es eine Pandemie ist. Da gibt es dann spezielle Corona-Rücktrittsversicherungen. Ein Muss ist auf jeden Fall die Auslandskrankenversicherung, dass wenn ich erkrankt bin und einen Rücktransport brauch, dass das dann auf jeden Fall bezahlt wird.

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