Tübingen darf Verpackungssteuer verlangen

Tübingen darf Verpackungssteuer verlangen

Geklagt hatte die Betreiberin einer McDonalds Filiale

24.05.2023

Die Universitätsstadt Tübingen will mit einer eigenen Verpackungssteuer gegen Müllberge aus Pommesschachteln und Kaffeebechern vorgehen - und hat dafür jetzt Rückenwind vom Bundesverwaltungsgericht erhalten. Das oberste deutsche Verwaltungsgericht in Leipzig erklärte am Mittwoch die Tübinger Verpackungssteuersatzung im Wesentlichen für rechtmäßig.

“Toller Tag für Tübingen”

Die Betreiberin einer McDonald's Filiale in Tübingen hatte dagegen geklagt, unterstützt von dem Fast-Food-Konzern. Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer (parteilos) sprach nach der Urteilsverkündung von einem "tollen Tag für Tübingen und für den Klimaschutz allemal".

Bislang wurde noch keine Steuern eingezogen

Seit Anfang 2022 werden in Tübingen je 50 Cent für Einweggeschirr und Einwegverpackungen sowie 20 Cent für Einwegbesteck fällig. Pro "Einzelmahlzeit" sollte die Steuer laut Satzung auf höchstens 1,50 Euro beschränkt sein. Zahlen müssen die Verkäufer der Speisen und Getränke - nach Angaben der Stadt rund 440 Betriebe in Tübingen. Wegen des laufenden Rechtsstreits wurden bisher aber noch keine Steuern eingezogen. Neben Einnahmen fürs Stadtsäckel geht es Tübingen vor allem um weniger Müll im öffentlichen Raum.

Tübingen hatte Revision eingelegt

In der Vorinstanz beim Verwaltungsgericht (VGH) in Mannheim hatte McDonald's gewonnen. Gegen dieses Urteil hatte Tübingen Revision eingelegt, über die jetzt in Leipzig entschieden wurde.  Die baden-württembergischen Richter waren davon ausgegangen, dass Tübingen die Kompetenz für die Einführung der Verpackungssteuer fehle. Es handele sich nicht um eine örtliche Steuer. Der VGH stieß sich an "to go"-Verpackungen, für die nicht gewährleistet sei, dass sie im Stadtgebiet bleiben. Außerdem sah der VGH die Tübinger Steuer im Widerspruch zum Abfallrecht des Bundes. Dieses schließe zusätzliche Regelungen einzelner Kommunen aus. Der VGH hatte sich stark an einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes orientiert, das 1998 eine sehr ähnliche Verpackungssteuersatzung der Stadt Kassel für nichtig erklärt hatte.

Mahlzeiten werden bald gegessen

Anders als der VGH gehen die Bundesrichter davon aus, dass Mahlzeiten zum Mitnehmen meist sehr bald gegessen werden, die Verpackungen also "typischerweise" im Gemeindegebiet bleiben. Dass die Tübinger Satzung auch "to go"-Verpackungen umfasse, spreche also nicht dagegen, dass es eine örtliche Steuer sei.  Auch einen Widerspruch zu den Abfallregeln des Bundes und der Europäischen Union erkannte der Senat nicht. Vielmehr verfolgten sie alle - der Bund, die EU und die Stadt Tübingen - exakt dasselbe Ziel.

Warnung vor Flickenteppich

Die Anwälte von McDonald's hatten vor einem bundesweiten Flickenteppich gewarnt, sollte sich Tübingen durchsetzen. "Es wird mindestens 80 Kommunen geben, die Verpackungssteuersatzungen erlassen", sagte Anwalt Peter Bachmann. Für bundesweit tätige Unternehmen wie McDonald's sei das kaum zu bewältigen.  Wie viel Steuern die McDonald's-Franchisenehmerin in Tübingen nun zahlen muss, war umstritten. Ihre Anwälte gingen von mindesten 870 000 Euro für das Jahr 2022 und 670 000 Euro für dieses Jahr aus. Die Vertreter der Stadt sprachen eher von 200 000 Euro. Zudem sei es das erklärte Ziel der Stadt, dass die Menschen zu Mehrwegverpackungen greifen. "Wir hoffen, dass bald gar keine Steuer mehr anfällt."

Symbolbild: Shutterstock.com