Tuchel strahlt neben Hoeneß: FCB will «Geschichte schreiben»
Thomas Tuchel umarmte Vereinspatron Uli Hoeneß. An der Seite des Ehrenpräsidenten konnte der Trainer von seinem Platz in der ersten Reihe gut einen Blick auf die nach der vergangenen Single-Saison des FC Bayern recht karge Trophäensammlung auf der Bühne werfen.
Im stundenlangen Mitgliederkonvent vernahm der 50-Jährige aus der Chefetage wiederholt den Wunsch nach einer erfolgreicheren Spielzeit. Den imposanten Finanzzahlen mit einem klar gesteigerten Rekordumsatz von 854,2 Millionen Euro soll der Coach entsprechende Pokale in den Fußballstadien folgen lassen.
«Nach der Niederlage im Pokal in Saarbrücken heißt es nun, die Meisterschaft und natürlich London», sagte Vorstandschef Jan-Christian Dreesen. Wie 2013 wollen die Bayern zu einem Champions-League-Endspiel in die britische Metropole. «Wir streben mit aller Macht wieder ins Wembleystadion.»
Der FC Bayern hat «Großes vor»
Präsident Herbert Hainer sprach am Tag nach dem wilden 4:2 gegen den 1. FC Heidenheim in der Bundesliga von «Ausrufezeichen». «Das zeigt deutlich, dass wir Großes vorhaben», sagte er. Tuchel genoss, dass er dank Doppelpacker Harry Kane und Co. als Tabellenführer in die Halle kommen durfte. «Das Gefühl, am nächsten Morgen aufzuwachen nach einem Sieg, ist nicht zu toppen», sagte Tuchel.
Da Kane und Kollegen zu ihren Nationalteams reisten, saßen am Sonntagvormittag neben dem Coach aus dem Münchner Luxuskader nur die verletzten Jamal Musiala und Matthijs de Ligt sowie Rückkehrer Raphael Guerreiro - zumindest bei der Präsidenten-Rede. Kapitän Manuel Neuer war nicht dabei.
Kaum auszudenken, wie groß der Jubel der Mitglieder gewesen wäre, wenn Tor-Maschine Kane am Sonntagvormittag triumphal in die Rudi-Sedlmayer-Halle eingezogen wäre. Schon bei den auf der Video-Wand eingespielten Toren des 30-Jährigen war der Beifall groß.
«100-Millionen-Transfers nicht die neue Tagesordnung»
Der Rekordeinkauf macht allen Spaß. Auch Hoeneß klatschte nach den nächsten Tor-Taten von Englands Nationalmannschaftskapitän freudestrahlend Beifall. Über 100 Millionen Euro ließen sich die Bayern die Dienste kosten. Geld, das Hoeneß vor Jahren niemals für einen Spieler vom legendären Festgeldkonto genommen hätte. «Wir sind da ein Stück-weit "All-in" gegangen», verriet Dreesen vor den erfreuten 1780 Mitgliedern. Er betonte aber zugleich: «Die 100-Millionen-Transfers sind nicht unsere neue Tagesordnung.»
In den guten Zahlen, die bei der Versammlung präsentiert wurden, ist der Kane-Kauf noch nicht eingerechnet. Der Konzerngewinn vor Steuern konnte im Geschäftsjahr 2022/23 mehr als verdreifacht werden und stieg nach Vereinsangaben von 17,1 Millionen Euro auf 54,5 Millionen Euro. Der Jahresüberschuss des Konzerns steigerte sich auf 35,7 Millionen Euro, ein Plus von 23 Millionen Euro im Vergleich zur Vorsaison. Das Versprechen vom Finanzchef: Dieses Festgeldkonto werde weiter wachsen und gedeihen.
Vorstandschef Dreesen forderte die Bundesliga-Clubs auf, dass sie auch mehr für die Vermarktung im Ausland tun. «In dieser Sommerpause waren nur der BVB und der FC Bayern München unterwegs - das ist definitiv zu wenig», bemängelte der 56-Jährige.
Kane jagt den Lewandowski-Rekord
Kane zahlt seine Rekordablöse Tor um Tor zurück. Der 30-Jährige weist eine schwindelerregende Quote auf und hat mit 17 Saisontoren in der Bundesliga schon jetzt öfter getroffen als die Torschützenkönige der vergangenen Saison. Auf 21 Saisontreffer kommt der teuerste Einkauf der Bayern-Geschichte nach 16 Pflichtspielen.
Hochgerechnet ist in der Bundesliga der 41-Tore-Rekord des einstigen Weltfußballers Robert Lewandowski locker drin. «Das ist noch ein bisschen weit weg», wiegelte Kane ab, bevor er mit Ehefrau Katie Goodland die Arena-Katakomben glücklich verließ. Torwart Neuer ist nach wenigen gemeinsamen Spielen von Englands Torjäger ähnlich wie von Lewandowski begeistert. «Beide sind sehr torhungrig, in der Box auch unberechenbar», sagte Neuer.
Bayern wollen «Geschichte schreiben»
Nach Dreierpacks gegen Darmstadt und in Dortmund sowie zwei Toren beim vorzeitig gesicherten Gruppensieg in der Champions League gegen Galatasaray Istanbul schlug Kane auch gegen den zweikampfstarken Aufsteiger mehrfach zu. Tim Kleindienst und Jan-Niklas Beste brachten Heidenheim bravourös zurück. Aber Comeback-Mann Guerreiro, der nach Muskelverletzungen jetzt Fuß fassen will im Münchner Team, und Eric Maxim Choupo-Moting machten dann alles klar.
Im Fernduell mit Bayer Leverkusen um Platz eins haben die Münchner schon fünf Zähler Vorsprung auf die weiteren Verfolger. «Unser Ziel für 2024 ist klar: die zwölfte deutsche Meisterschaft in Serie», sagte Hainer. «Lasst uns weiter zusammen Geschichte schreiben.»
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