Steuerzahlerbund kreidet Marketingausgaben an
Das 51. «Schwarzbuch» des Steuerzahlerbundes nimmt in diesem Jahr in Baden-Württemberg vor allem die Landeskampagne «DU.bist Tourismus» in den Fokus. Der Vorwurf lautet, das Land habe hier die Kosten-Nutzen-Rechnung aus den Augen verloren. «Der Bund der Steuerzahler wertet es kritisch, dass das Land Baden-Württemberg Jahr für Jahr Millionen an Steuergeldern für Imagezwecke ausgibt», sagte Eike Möller, Landesvorsitzender des Bundes der Steuerzahler Baden-Württemberg (BdSt). «Die Anzahl der Kampagnen hat sich zwar laufend erhöht, viele davon blieben aber nahezu von der Öffentlichkeit unbemerkt oder sorgten für Kopfschütteln.»
Die nun kritisierte Kampagne ist laut Möller ein gutes Beispiel. «Ob mit Experten-Talks, Bürgerdialogen und viel multimedialer Werbung langfristig die Unterstützung für eine positive Entwicklung des Tourismus in Baden-Württemberg gewährleistet wird, darf bezweifelt werden», heißt es in der diesjährigen Sammlung mutmaßlicher staatlicher Geldverschwendung. Vor allem für Kritik sorgt demnach, dass die 3,3 Millionen Euro teure Kampagne explizit keine Werbung für das Urlaubsland sein wollte, sondern den Bürgern die Bedeutung des Tourismus vor Augen führen soll.
Das Wirtschaftsministerium hält die Ausgaben für gerechtfertigt. Die Kampagne habe nur 1,4 Millionen Euro der Gesamtkosten ausgemacht, dies sei «mit Blick auf das gesamte Land Baden-Württemberg absolut vertretbar». Zudem sieht Staatssekretär Patrick Rapp auch Erfolge: Die Zustimmung zum Tourismus im Land sei innerhalb eines Jahres von 66 Prozent auf 68 Prozent gewachsen. Hier bezieht sich Rapp auf Ergebnisse einer beim Deutschen Wirtschaftswissenschaftlichen Institut für Fremdenverkehr in Auftrag gegebenen Studie.
Der Gesamtbericht für Deutschland - der sich vor allem an den Ausgaben für Öffentlichkeitsarbeit des Bundes abarbeitet - kommt aber natürlich auch an den Landesimagekampagnen nicht vorbei. «The Länd» muss sich in diesem Negativ-Wettbewerb jedoch dem als «skurril» bezeichneten «Saarvenir» geschlagen geben. Das landeseigene Souvenir des Saarlandes fällt hier besonders durch seine Querfinanzierung aus dem Corona-Fonds des kleinsten deutschen Flächenlandes negativ auf.
Bei Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) steht zumindest die zentrale Landeskampagne hoch im Kurs: «Die Kampagne The Länd ist super, schlichtweg super.» Bei Auslandsreisen erstaune, wie viele davon wüssten, es in ihre Reden einbauen. «Sie hat richtig eingeschlagen. Besser kann man's gar nicht machen.»
Für Argwohn an anderer Stelle sorgen hingegen die Investitionen für einen landeseigenen Lokführerpool, um Zugausfälle in Baden-Württemberg zu verhindern. Das Mitte 2021 gestartete und Ende 2022 wegen mangelnder Nachfrage eingestellte Projekt habe insgesamt 2,4 Millionen Euro Steuergeld gekostet. «Ein teures Ärgernis» nennt es der Steuerzahlerbund.
Auch die römische Göttin der Eintracht sorgt zwar nicht für Zwietracht, aber für Zusatzkosten. Konkret geht es um die Jubiläumssäule auf dem Stuttgarter Schlossplatz, die die Concordia krönt. Nachdem bei der jahrelangen Renovierung den Angaben zufolge falsche Schrauben verbaut wurden, muss dem Schwarzbuch zufolge jetzt für 200.000 Euro nachgearbeitet werden. Die FDP-Fraktion im Landtag mahnt: «Das Land und seine Behörden müssen bei Bau- und Sanierungsvorhaben gründlicher planen und sorgfältiger mit dem Geld der Steuerzahler umgehen.»
Aus Sicht des verantwortlichen Finanzministeriums war das nicht vorherzusehen. Die Materialprüfanstalt Stuttgart habe die von Fachrestauratoren und dem Metallrestaurator des Landesdenkmalamts zunächst gewählte Schraubenart abgesegnet. Es habe sich jedoch herausgestellt, dass das Material in Kombination mit Luftschadstoffen anfällig für Spannungskorrosion sei. «Es ist nicht ungewöhnlich, dass bei historischer Bausubstanz immer wieder unerwartet Probleme auftreten, auch mit dem Material», so ein Sprecher.
Beim Thema Straßenbau im Südwesten verbucht der Steuerzahlerbund dagegen Erfolge für sich. Der Bau des Autobahn-Zubringers B10/27 in Zuffenhausen sei auf der Prioritätenliste nach hinten gerutscht. Die Stadtverwaltung in Stuttgart solle dies nutzen, um sich für eine kostengünstigere Variante einzusetzen. Für die aktuellen Planungen sind demnach 400 Millionen Euro veranschlagt. Auch in Schwäbisch Hall denke die Politik beim Bau des Weilertunnels nochmal neu, die Kritik an dem Projekt im Jahr 2021 habe «offenbar gewirkt», hieß es.
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