"Sehe das als Aufgabe": Was Boris Palmer in seiner Auszeit vor hat

"Sehe das als Aufgabe": Was Boris Palmer in seiner Auszeit vor hat

31.05.2023

Nach vielen umstrittenen Äußerungen hat Boris Palmer Anfang Mai die Reißleine gezogen. Tübingens OB trat bei den Grünen aus und kündigte an, im Juni eine Auszeit zu nehmen. Die beginnt heute- und soll weitere Skandale verhindern.

Palmer verabschiedet sich für den ganzen Juni in eine Auszeit

Ab heute dürfte die Tür zum Büro des Oberbürgermeisters im Tübinger Rathaus für einige Wochen geschlossen bleiben. Amtsinhaber Boris Palmer verabschiedet sich für den gesamten Juni in eine Auszeit - um den Eklat wegen seinen Äußerungen am Rande einer Migrationskonferenz Ende April in Frankfurt am Main für sich aufzuarbeiten.

Tübingens OB möchte Auszeit zur Aufarbeitung nutzen

"Zweck der Auszeit ist, dass ich mich nicht mehr für mein Handeln öffentlich erklären muss", sagte Palmer vor Beginn der Auszeit.  Seine einmonatige Auszeit sehe Palmer als Aufgabe. Denn während seiner Auszeit wolle Palmer versuchen seinen Anteil an diesen zunehmend zerstörerischen Verstrickungen auszuarbeiten, hieß es in einer persönlichen Erklärung, die er Anfang Mai veröffentlichte. Er wolle versuchen, sich selbst zu ändern. Weil er weiter Angriffen wie jenen in Frankfurt am Main ausgesetzt sein werde, bliebe ihm nicht anderes übrig.  "Solange ich nicht sicher bin, neue Mechanismen der Selbstkontrolle zu beherrschen, die mich vor Wiederholungen sichern, werde ich alle Konfrontationen mit ersichtlichem Eskalationspotenzial durch Abstinenz vermeiden", schrieb Palmer weiter.

Palmer hat sich professionelle Hilfe geholt

Er habe sich für die Auszeit und die Aufarbeitung professionelle Hilfe geholt. "Es gibt jemanden, mit dem ich das professionell aufarbeite", sagte Palmer. Inhaltlich dürfte auch seine Social-Media-Präsenz eine Rolle spielen. In einem Live-Video auf Facebook zur Eröffnung einer Fahrradbrücke in Tübingen sagte Palmer vor wenigen Tagen: "Ob ich mich wieder melde, überlege ich mir im Juni." Vor allem auf Facebook war er in der Vergangenheit sehr aktiv und fiel immer wieder mit provokanten Äußerungen auf.

Vertretung übernehmen Cord Soehlke und Daniela Harsch

Während seiner Auszeit übernehmen nach Angaben der Stadtverwaltung der Erste Bürgermeister Cord Soehlke und die Sozialbürgermeisterin Daniela Harsch gemeinsam die Vertretung für Oberbürgermeister Palmer. Soehlke ist seit 2018 ständiger Vertreter Palmers. Es werde zu "keinerlei Beeinträchtigung der Verwaltungstätigkeit" kommen, teilte die Stadt mit. Im Juni stünden zwei Sitzungen des Verwaltungsausschusses der Stadt sowie eine Sitzung des Gemeinderates an. Diese würden dann von Soehlke geleitet.  Im Notfall ist der Oberbürgermeister für seinen Stellvertreter und seine Stellvertreterin aber erreichbar. "Ich gehe aber nicht davon aus, dass etwas passiert und diese Notfallregelung benötigt wird", sagte Palmer.

Verbale Auseinandersetzung mit einer Protestgruppe war Auslöser der Auszeit

Der Tübinger Rathauschef hatte Ende April eine verbale Auseinandersetzung mit einer Protestgruppe über seine Verwendung des "N-Wortes". Die Protestierenden konfrontierten ihn mit "Nazis raus"-Rufen. Daraufhin sagte er: "Das ist nichts anderes als der Judenstern. Und zwar, weil ich ein Wort benutzt habe, an dem ihr alles andere festmacht. Wenn man ein falsches Wort sagt, ist man für euch ein Nazi." Mit dem "N-Wort" wird heute eine früher in Deutschland gebräuchliche rassistische Bezeichnung für Schwarze umschrieben. Auch Weggefährten hatten Palmer wegen der Wortwahl in Frankfurt am Main scharf kritisiert. Nach der Eskalation war er am 1. Mai bei den Grünen ausgetreten. Davor hatte seine Mitgliedschaft in der Partei wegen eines anderen Skandals geruht.

Symbolbild: Shutterstock.com