Ostern made in BW: Traditionen voller Farbe, Klang und Geschichte, © shutterstock_illustrissima
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Ostern made in BW: Traditionen voller Farbe, Klang und Geschichte

30.03.2025

Wenn der Frühling ins Land zieht und die Tage heller werden, erwacht in Baden-Württemberg auch eine besonders farbenfrohe Tradition: das Osterfest. Zwischen alten Dorfbrunnen, mit bunten Eiern geschmückten Sträuchern, lärmenden Kinderscharen und süßen Osterlämmern entfaltet sich im Südwesten ein Osterbrauchtum, das tief in Geschichte, Glaube und Volkskultur verwurzelt ist. Wer glaubt, Ostern bestünde nur aus Eiersuche und Schokohasen, wird hier eines Besseren belehrt.

Rätschen statt Glocken: Lärm mit Bedeutung

In vielen katholisch geprägten Gemeinden des Landes schweigen an den Kartagen die Kirchenglocken. Zwischen Gründonnerstag und der Osternacht übernehmen dann Kinder und Jugendliche das Amt des Rufers zur Messe – mit hölzernen Rätschen, Klappern oder Rasseln. Diese klanglich rauen und durchdringenden Geräusche sollen an die Passion Christi erinnern, insbesondere an die Hammerschläge bei der Kreuzigung. Gleichzeitig haben sie auch eine praktische Funktion: Sie verkünden liturgische Zeiten und ersetzen das Geläut. In Freiburger Stadtteilen wie Ebnet beginnt das Rätschen bereits am frühen Karfreitagmorgen – ein Brauch, der bis heute lebendig ist.

Vom Zins-Ei zum Osterei: Geschichte und Symbolik

Gefärbte und verzierte Eier gelten heute als klassisches Symbol für Ostern. Doch ihre Geschichte reicht weit zurück. Schon im Mittelalter wurden sogenannte „Zinseier“ an Grundherren als Naturalabgabe übergeben – gekocht und oft gefärbt, um sie von rohen Eiern zu unterscheiden. Der Hintergrund: Während der Fastenzeit war der Verzehr tierischer Produkte verboten, weshalb sich bis Ostern ein Überfluss an Eiern ansammelte.

Die Farbe – häufig mit Roter Bete erzeugt – hatte zunächst also ganz praktische Gründe. Später wurden die Eier geweiht und an Bedürftige oder Kinder verschenkt. Mit dem Ende der Naturalabgaben entwickelte sich das Osterei vom Zahlungsmittel zum festlichen Geschenk – und schließlich sogar zum Kunstobjekt. Verziert, bemalt oder aus wertvollen Materialien gefertigt, stehen sie symbolisch für neues Leben, Fruchtbarkeit und im christlichen Kontext für die Auferstehung.

Der Osterhase: Ein städtischer Mythos mit überraschender Herkunft

Der Osterhase, heute omnipräsent in Supermärkten und Osternestern, ist vergleichsweise jung im Brauchtum. Die frühesten schriftlichen Erwähnungen stammen aus dem 17. Jahrhundert, unter anderem von protestantischen Autoren, die sich kritisch über den „Eierlieferanten“ äußerten. Ursprünglich war der Hase in städtisch-bürgerlichen Kreisen verbreitet und diente als Erzählfigur, um die Herkunft der Ostereier zu verschleiern – denn im Gegensatz zur katholischen Kirche lehnten Protestanten das Segnen der Eier ab, versteckten sie aber dennoch zur Freude der Kinder.

In der Pfalz, im Elsass und angrenzenden Regionen hieß es, der Hase lege die Eier und verstecke sie im Garten. Damit wurde er zum idealen Boten österlicher Fruchtbarkeit – flink, unermüdlich und kinderfreundlich.

Zuckerhasen – süßes Kulturerbe im Südwesten

Vor allem in Süddeutschland gehört er zum Osterfest wie der Christbaum zu Weihnachten: der rote Zuckerhase. Diese in aufwendiger Handarbeit hergestellte Leckerei besteht aus Zucker, Wasser, Glukosesirup und Lebensmittelfarbe. In metallene Hasenformen gegossen, erhärten die süßen Figuren und werden liebevoll verpackt.

Bereits im 18. Jahrhundert wurden Zuckerhasen in Bäckereien und Konditoreien hergestellt. Einen wahren Aufschwung erlebte die Tradition im 19. Jahrhundert, als Zucker dank industrieller Herstellung günstiger wurde. Heute gibt es noch einige wenige „Hasenmütter“ und „Hasenväter“, die diese Kunst lebendig halten.

Osterspiele: Schurgeln, Higgen und Eierklopfen

Spielerische Bräuche rund ums Ei gibt es im ganzen Land. Besonders originell ist das sogenannte Ostereierschurgeln, das bis in die 1950er-Jahre in nordbadischen Orten wie Walldorf, Rot oder St. Leon praktiziert wurde. Dabei wurden eingefärbte Eier über Sanddünen gerollt – wessen Ei am weitesten kam, durfte das des Gegners behalten.

Ein anderer, bis heute gepflegter Brauch ist das Ostereierklopfen, auch „Higgen“ genannt. In Heidelsheim, einem Stadtteil von Bruchsal, treffen sich Jung und Alt am Ostersonntag zum „Eierhiggen“ auf dem Marktplatz. Nach strengem Regelwerk („Spitz auf Spitz, Arsch auf Arsch“) wird mit den Enden hart gekochter Eier gegeneinander geschlagen. Wer das härtere Ei hat, gewinnt das des Gegners – aber wer schummelt, muss vors Spinnclubgericht.

Osterbrunnen: Bunte Hingucker mit langer Tradition

In zahlreichen Gemeinden Baden-Württembergs werden vor Ostern die Dorfbrunnen festlich geschmückt – mit Girlanden, frischem Grün und vor allem mit hunderten kunstvoll bemalten Eiern. Die Entstehung dieses Brauchs wird oft mit der Fränkischen Schweiz um 1900 in Verbindung gebracht, auch wenn seine Ursprünge nicht abschließend geklärt sind.

Heute lassen sich prächtige Osterbrunnen unter anderem in Schechingen auf der Schwäbischen Alb, in Maulbronn, Laudenbach oder Ihringen bestaunen. Sie sind nicht nur dekorative Hingucker, sondern auch Ausdruck von Gemeinschaft, Handarbeit und Brauchtumsbewusstsein.

Osterfeuer und glühende Schwämme

Die Tradition der Osterfeuer lebt in vielen Orten des Südwestens weiter – ob am Bodensee, im Schwarzwald oder auf Höhenzügen des Kraichgaus. Mit großen Holzstapeln, die am Karfreitag oder Ostersonntag entzündet werden, soll symbolisch der Winter vertrieben und das neue Leben begrüßt werden.

Eine besondere Variante gibt es in St. Peter im Schwarzwald: Dort sammeln Kinder eine spezielle Pilzart („Schwämme“), die am Ostersonntag gesegnet und anschließend glühend von Haus zu Haus getragen werden. Die glühenden Stücke bleiben als Segen zurück – ein uralter Brauch, der aus Zeiten stammt, als es noch keine Kerzen gab.

Kulinarische Klassiker: Osterlamm und Hefezopf

Auch auf dem Tisch zeigt sich die Ostertradition: Das gebackene Osterlamm aus Biskuitteig erinnert an das Lamm Gottes und wird vielerorts in eigens dafür vorgesehenen Lammformen gebacken – oft mit einer kleinen Fahne versehen.

In vielen schwäbischen Haushalten gehört außerdem der Osterzopf fest zum Frühstück dazu. Der aus Hefeteig geflochtene Kuchen wird je nach Geschmack mit Rosinen, Nüssen oder Mandeln verfeinert und steht für Fruchtbarkeit und neues Leben.