Mutmaßliche Misshandlung von Senioren erschüttert Regierung
Nach Vorwürfen schwerer Misshandlung alter Menschen in privaten Heimen in Voluntari bei Bukarest ist Rumäniens Familienministerin Gabriela Firea am Freitag auf Verlangen von Ministerpräsident Marcel Ciolacu zurückgetreten. Das gab Firea bei Facebook bekannt. Am Vortag hatte Ciolacu in diesem Zusammenhang auch seinen Arbeitsminister Marius-Constantin Budai zum Rücktritt bewegt. Ciolacu und die entlassenen Minister sind Mitglieder der Sozialdemokratischen Partei (PSD).
Firea geriet unter Druck, weil der inzwischen verhaftete Betreiber dieser Heime jahrelang ihr Angestellter war. Zudem soll Fireas Ehemann, Florentin Pandele, als Bürgermeister von Voluntari diesen Heimleiter gedeckt haben, wie Medien berichteten. Firea wies alle Vorwürfe zurück. In der Sache ermittelt die Staatsanwaltschaft seit zehn Tagen. Firea ist dabei nicht im Visier. Ihr Ministerium hatte hierbei keine Aufsichtspflicht, anders als das Ressort von Minister Budai.
Bei einer Razzia in den Heimen wurden 98 Bewohner in Krankenhäuser gebracht, teilweise mit offenen Wunden. Sie seien «inhuman oder unwürdig» behandelt, zum unbezahlten Arbeiten gezwungen worden und hätten ihnen zustehende Nahrung und Medikamente nicht bekommen, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Aktuell prüfen Gerichtsmediziner, ob sie auch geschlagen und ob ihnen zu hohe Dosen an Beruhigungsmitteln verabreicht wurden.
Der Betreiber der staatlich subventionierten Heime habe die Bewohner zum Zweck der Bereicherung ausgebeutet, so die Ermittler. In Rumänien boomt derzeit das Altenheim-Geschäft, wie die Consulting-Firma Frames vorrechnete. Grund sei die Überalterung der Gesellschaft. Dutzende Heime arbeiten ohne Genehmigungen, ergaben Kontrollen, die die Regierung anlässlich des Skandals in Voluntari landesweit anordnete.
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