Mutmaßliche Brandstifterin sagt nach tödlichem Feuer aus
Mehr als acht Monate nach dem Brand in einem Pflegeheim für psychisch Erkrankte in Reutlingen hat sich die mutmaßliche Brandstifterin zu Wort gemeldet. Die 58 Jahre alte Frau gab am Donnerstag vor dem Tübinger Landgericht an, sich an dem Abend die Wange mit einem Feuerzeug angezündet zu haben. Danach sei sie ohnmächtig geworden. Auf die Frage des Vorsitzenden Richters, warum sie dies tat, antwortete die Beschuldigte zunächst: «Einfach so.» Später sagte sie: Ich wollte ja niemanden umbringen. Ich wollte ja nur mich selber umbringen.»
Bei dem Brand kamen drei Menschen ums Leben. Sie starben an Rauchvergiftung. Zwölf Menschen wurden verletzt. Die Beschuldigte selbst erlitt schwere Verletzungen. Es entstand ein Schaden von rund 300.000 Euro. Der damaligen Bewohnerin des Heims werden Mord, Brandstiftung und versuchter Mord vorgeworfen.
Die Staatsanwaltschaft geht von erheblich verminderter Schuldfähigkeit der Beschuldigten aus. Sie leide zudem seit Jahrzehnten an einer schizophrenen Psychose. Deswegen soll die 58 Jahre alte Frau dauerhaft in einer Psychiatrie untergebracht werden. Die Behörde stellte beim Landgericht Tübingen einen Antrag auf ein Sicherungsverfahren. Es seien weitere rechtswidrige Taten zu erwarten und sie sei deshalb für die Allgemeinheit gefährlich. Der Antrag trat an die Stelle einer Anklageschrift.
Die 58-Jährige unterbrach mehrmals die Verhandlung mit Zwischenkommentaren und Fragen wie: «Warum dauert das so lange?» Schließlich wurde sie im Einvernehmen mit Verteidigung, Staatsanwaltschaft, Sachverständigem und Richter entlassen und wieder in die psychiatrische Einrichtung gebracht, in der sie sich seit ihrer Entlassung aus der Klinik aufhält. Im Sitzungssaal anwesend waren auch zwei ihrer Betreuer.
Zunächst das eigene Bett angezündet
Die heute 58-Jährige soll laut Anklage am Abend des 17. Januar ihr Bett angezündet haben. Demnach soll sie mutmaßlich versucht haben, sich mit dem Feuer das Leben zu nehmen. Bei dem Brand in dem Reutlinger Fachpflegeheim waren eine 53 Jahre alte Mitbewohnerin und zwei Mitbewohner im Alter von 73 und 88 Jahren getötet worden.
Das Feuer war in einer von insgesamt vier Wohngruppen des Heimes ausgebrochen, es war beim Eintreffen der Feuerwehr aber bereits weitgehend erloschen und hatte sich auf einen Raum beschränkt. Der Zustand der Räumlichkeiten ließ aber auf eine hohe Intensität schließen.
In den Wohngruppen der sozialpsychiatrischen Pflegeeinrichtung leben jeweils sieben bis acht psychisch kranke Menschen wie eine Familie und mit eigenen Zimmern zusammen. Nach damaligen Angaben des ärztlichen Leiters des Heims handelt es sich um eine Einrichtung der Eingliederungshilfe für Menschen, die mindestens 50 Jahre alt sind. Sie leben längerfristig dort, sind aber nach Angaben der Stadt vergleichsweise selbstständig.
Der Prozess wird am 9. Oktober fortgesetzt.
© dpa-infocom, dpa:230928-99-363932/3