Mehr Schwangerschaftsabbrüche gemeldet
Die Zahl der gemeldeten Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland ist im zweiten Quartal 2023 angestiegen. Zwischen Anfang April und Ende Juni wurden rund 26.700 Abtreibungen gemeldet und damit 4,5 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mitteilte.
Die Zahlen steigen seit Anfang des Jahres 2022. Die Ursache für die Entwicklung sei aus den vorliegenden Daten nicht ersichtlich, insbesondere, da die persönlichen Entscheidungsgründe nicht bekannt seien, erklärte das Bundesamt.
Die Zahlen waren tendenziell jahrelang zurückgegangen: Im gesamten Jahr 2001 hatte es noch knapp 135.000 Abtreibungen gegeben, 2021 war ein Tiefstand von rund 94.500 Abbrüchen gezählt worden. Aber danach gab es einen Anstieg auf knapp 104.000 Eingriffe im vergangenen Jahr.
In den ersten zwölf Wochen straffrei
Mit 96 Prozent wurden die weitaus meisten Abtreibungen im zweiten Quartal 2023 nach der sogenannten Beratungsregelung vorgenommen. Ein Schwangerschaftsabbruch in den ersten zwölf Wochen bleibt straffrei, wenn die Frau sich zuvor beraten lässt. Indikationen aus medizinischen Gründen und aufgrund von Vergewaltigungen lagen den Angaben zufolge in vier Prozent der Fälle vor.
Der Großteil der Frauen, die im zweiten Quartal 2023 einen Schwangerschaftsabbruch durchführen ließen, war zwischen 18 und 34 Jahren alt (70 Prozent), 19 Prozent waren zwischen 35 und 39 Jahren. Acht Prozent der Frauen waren mindestens 40 Jahre alt und drei Prozent jünger als 18 Jahre. Rund 42 Prozent hatten zuvor noch kein Kind zur Welt gebracht, wie das Bundesamt mitteilte.
Um die Zahlen beurteilen zu können, müsse die Quote betrachtet werden - also das Verhältnis zur Gesamtzahl der Frauen im reproduktiven Alter, erklärte die Organisation Pro Familia. Sie bietet bundesweit Beratung für Frauen an. Diese Quote liege aber erst mit Verzögerung vor. Sei die Zahl der Frauen stark angestiegen, könne dies ein Grund für die höhere Zahl der Abtreibungen sein, so Pro Familia. Der Anstieg, den es bereits 2022 gab, könnte aber auch auf einen Normalisierungseffekt nach der Corona-Pandemie zurückzuführen sein.
In Süddeutschland zu wenig Praxen
Vor allem werfe der Anstieg der absoluten Zahlen die Frage auf, ob angesichts des Ärztemangels die medizinische Versorgung gewährleistet sei, sagte eine Sprecherin der Organisation. Dieser sei in einigen Bereichen ohnehin gegeben und verschärfe sich bei Schwangerschaftsabbrüchen nochmals - denn das Thema sei noch immer teilweise stigmatisiert.
Gerade in ländlichen Regionen sowie tendenziell in Süddeutschland gebe es zu wenige Praxen, so dass die Frauen weite Wege auf sich nehmen müssten. Es müsse «menschenrechtskonforme, wohnortnahe Angebote zur medizinischen Versorgung beim Schwangerschaftsabbruch» geben, so Pro Familia.
Die Hälfte aller Eingriffe im zweiten Quartal wurden mit der Absaugmethode durchgeführt, bei 37 Prozent wurde das Mittel Mifegyne verwendet. Die Abtreibungen erfolgten überwiegend ambulant, davon 83 Prozent in Arztpraxen beziehungsweise OP-Zentren und 14 Prozent ambulant in Krankenhäusern.
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