Lesekompetenz der Grundschüler soll gestärkt werden
Grundschulkinder in Baden-Württemberg sollen künftig zwei Mal in der Woche im Unterricht laut vorlesen. Mit dem Lesetraining werde eine der wichtigsten Kernkompetenzen überhaupt gestärkt, sagte Kultusministerin Theresa Schopper. Das komme insbesondere Schülerinnen und Schülern zugute, für die ständiges Vorlesen im Elternhaus nicht selbstverständlich gewesen sei und die sich deshalb naturgemäß in den ersten Schuljahren damit schwerer tun würden. Schopper reagiert mit dem Programm auf das schlechte Abschneiden bei der IQB-Bildungsstudie.
Leseförderkonzept verpflichtend
Jede öffentliche Grundschule in Baden-Württemberg muss laut Kultusministerium nun zum Schuljahr 2023/2024 gegenüber der Schulaufsicht nachweisen, dass sie ein Leseförderkonzept besitzt. Das Ministerium zeigt auch, wie eine solche Strategie aussehen kann - mit "BiSS-Transfer" ("BiSS" für Bildung in Sprache und Schrift). Dieses Konzept hatte das Bundesbildungsministerium gemeinsam mit den Ländern anhand von wissenschaftlichen Studien entwickelt. Es wird bereits an 402 Grundschulen in Baden-Württemberg umgesetzt. Zum Schuljahr 2023/24 sollen die Standards des "BiSS-Transfers" möglichst an allen knapp 2400 öffentlichen Grundschulen eingeführt werden.
Schüler sollen sich auch gegenseitig helfen
Dabei wird auch auf die gegenseitige Unterstützung der Jungen und Mädchen gesetzt. Lesestarke Schülerinnen und Schüler sollen jeweils Zweierteams mit leseschwächeren Schülerinnen und Schülern bilden, um diesen bei der Verbesserung ihrer Leseflüssigkeit zu helfen, wie das baden-württembergische Kultusministerium weiter mitteilte. Mit Hilfe von festen Lesezeiten lernten die Kinder zugleich kompetent mit Texten umzugehen.
Verbände und Gewerkschaft sind skeptisch
"Nett gemeint und gleichzeitig hilflos", nennt die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Baden-Württemberg das geplante Leseförderprogramm. "Die wirklichen Probleme in den Grundschulen werden nicht angepackt", bemängelt die Landesvorsitzende der GEW Monika Stein. Um Grundschulen zu stärken, pocht sie auf einen schnelleren Ausbau der Studienplätze, einen Stopp der Abwanderung von Lehrkräften durch bessere Bezahlung und mehr Leitungszeit für die Schulleitungen. Außerdem seien die Ideen zur Leseförderung nicht neu. So sieht es auch Oliver Hintzen vom Verband Bildung und Erziehung (VBE). Die vorgeschlagenen Leseförderstrategien setzen Grundschulen ihm zufolge seit Jahren auf ihre eigene Weise um, wenn auch mal mehr, mal weniger intensiv. "Daher ist das überhaupt keine so neue und bahnbrechende Idee", teilte er mit. Sowohl Gewerkschaft als auch Verband sind sich jedoch einig, dass jedes Projekt zur Leseförderung hilfreich und wichtig sei.
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