Klebeverbot in Stuttgart ist rechtlich bedenklich
Staatsrechtler von Bernstorff sieht mildere Mittel nicht ausgeschöpft
"Aus meiner Sicht ist die Allgemeinverfügung der Landeshauptstadt Stuttgart zu Klimaprotesten vom 07. Juli wegen der Dauer und Pauschalität des präventiven Verbotes unverhältnismäßig. Die Versammlungsbehörde hat mildere Mittel im Umgang mit diesen störenden aber dennoch friedlichen Protesformen nicht ausgeschöpft. Darin liegt ein Verstoß gegen das für ein demokratisches Gemeinwesen zentrale Grundrecht der Versammlungsfreiheit." So argumentiert Jochen von Bernstorff, Professor unter anderem für Staats- und Verfassungsrecht an der Universität Tübingen auf Anfrage von Hitradio antenne1.
Bußgelder bis zu 500 Euro
Die baden-württembergische Landeshauptstadt Stuttgart hat mit einer Allgemeinverfügung auf die zunehmenden Protestaktionen von
Klimaaktivisten reagiert, die zuletzt immer wieder Verkehrseinschränkungen zur Folge hatten. Seit vergangenen Samstag bis zum Jahresende sind auf wichtigen Straßen im Stadtgebiet Straßenblockaden im Zusammenhang mit Klimaprotesten untersagt sein, "bei denen sich Teilnehmende auf den Fahrbahnen (...) verbinden". In der entsprechenden Allgemeinverfügung wurden über 150 betroffene Straßen aufgezählt.Bei Verstoß drohen Bußgelder in Höhe von bis zu 500 Euro.
Man habe mildere Mittel ausgeschöpft
Stuttgarts Oberbürgermeister Frank Nopper hat keine rechtliche Bedenken. Man habe mildere Mittel ausgeschöpft, so Nopper im Hitradio antenne 1 Interview. Das führe dazu, wenn man die Allgemeinverfügung nicht erlasse, dass die Polizei die Klimakleber erst dreimal auffordern müsse, sich zu entfernen. Das ginge gar nicht so schnell. Und das würde viele Menschen in Stuttgart beeinträchtigen. Den gleichen Weg wie Stuttgart habe auch schon München und Passau eingeschlagen.
Zu Gesprächen mit Klimaklebern bereit
OB Nopper ist zu Gesprächen bereit, wie er erklärt hat. Man sei aber nicht bereit, sich nötigen zu lassen, von wem auch immer. Als Oberbürgermeister würde er mit allen Leuten sprechen, auch mit Klimaklebern. Bisher sei das Gespräch vonseiten der Klimakleber aber noch nicht gesucht worden. Dutzende Aktivistinnen und Aktivisten der Klimaschutzgruppe Letzte Generation hatten am Samstag vor einer Woche über Stunden mehrere Straßen und Zufahrten in und nach Stuttgart blockiert. Nach Angaben der Polizei klebten sich am Vormittag rund 40 Menschen auf insgesamt neun Straßen fest, einige betonierten ihre Hände auch ein.