Die Schauspielerin und Regisseurin Karoline Herfurth hält bei der Verleihung des Ernst-Lubitsch-Preises 2023 ihren Preis in der Hand., © Jens Kalaene/dpa
Die Schauspielerin und Regisseurin Karoline Herfurth hält bei der Verleihung des Ernst-Lubitsch-Preises 2023 ihren Preis in der Hand. Jens Kalaene/dpa, dpa
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Herfurth nutzt Dankesrede: «Frauen müssen sichtbar werden»

15.06.2023

Nach Meinung von Filmemacherin Karoline Herfurth (39) braucht es mehr Geschichten aus weiblicher Perspektive und eine kritische Auseinandersetzung mit Schönheitsidealen. Die Regisseurin und Schauspielerin wurde mit dem Ernst-Lubitsch-Preis ausgezeichnet. Die Auszeichnung ist nach dem Regisseur Ernst Lubitsch (1892-1947) benannt und würdigt die beste komödiantische Leistung in einem deutschsprachigen Film.

Herfurth nutzte ihre Dankesrede in Berlin für einen gesellschaftspolitischen Kommentar. «Würden Frauen ihre Zeit, Kraft und Ressourcen nicht mehr an ihr Aussehen verschwenden, würden sie den Heidi Klum'schen Glaubenssätzen nicht mehr ihren Glauben schenken, dann hätten sie mehr Zeit, Kraft und Ressourcen für das dringend notwendige Aufbrechen traditioneller Strukturen und für das Umstürzen von traditionellen Rollenbildern», sagte sie. «Dann hätten sie mehr Zeit und Kraft, sich gegen männliche Gewalt zu verbünden und für faktische Gleichberechtigung zu kämpfen.»

«Denn Frauen müssen sichtbar werden. Frauen hungern sich nicht nur dünn und kraftlos. Sie sind unsichtbar», kritisierte Herfurth. «Ihre Realitäten, ihre Perspektiven, ihre historischen Errungenschaften werden nicht gelehrt, nicht erzählt, nicht reproduziert.»

«Ein sehr politisches Frauenproblem»

Herfurth wurde für ihre Filme «Wunderschön» und «Einfach mal was Schönes» ausgezeichnet. Die Tragikomödie «Wunderschön» setzt sich anhand der Geschichten verschiedener Frauen mit gängigen Schönheitsidealen auseinander. «Ich selbst habe eine Magersucht überlebt und kenne keine einzige Frau, die aus einem gesunden Bauchgefühl heraus isst oder mit liebevollem Blick den eigenen Körper betrachtet», sagte Herfurth auf der Bühne.

Die Konzentration weiblicher Kraft auf das eigene Aussehen, begleitet von «ununterbrochener Propaganda» durch Werbung, schlechte Vorbilder und Medien, sei - ja, sicherlich - ein Frauenproblem. «Ein sehr politisches Frauenproblem.» Auch ihr Film «Einfach mal was Schönes» behandle ein Frauenproblem: das Problem der Entmachtung von Frauen, wenn es um ihre Reproduktionsentscheidungen gehe.

Herfurth erinnerte an Frauen, die viel geleistet haben, deren Namen aber weniger bekannt seien und über die auch in der Schule wenig gelehrt werde. «Ist das Bildung oder ist das Propaganda? Propaganda eines für Frauen lebensgefährlichen Herrschersystems, das Patriarchat. Frauen werden darin als unbezahltes Personal in die Bedeutungslosigkeit verschwiegen», kritisierte sie.

© dpa-infocom, dpa:230615-99-59096/2