Habeck warnt vor Schlechtreden des Standorts Deutschland
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat angesichts der Konjunkturflaute davor gewarnt, den Wirtschaftsstandort Deutschland schlecht zu reden. Der Grünen-Politiker rief bei den Haushaltsberatungen im Bundestag zugleich dazu auf, raus aus der «Komfortzone der Selbstzufriedenheit» zu kommen. Die Opposition wirft Habeck eine verfehlte Wirtschaftspolitik vor. Die Wirtschaft verliere an Wettbewerbsfähigkeit.
Bruttoinlandsprodukt stagniert
Die deutsche Wirtschaft war auch im Frühjahr nicht in Schwung gekommen. Das Bruttoinlandsprodukt stagnierte im zweiten Quartal zum Vorquartal. Die erhoffte Frühjahrsbelebung fiel somit aus. Im Winterhalbjahr war die deutsche Wirtschaft zwei Quartale in Folge geschrumpft und damit in eine sogenannte technische Rezession gerutscht. Das Ifo-Institut rechnet für 2023 mit einem Rückgang der deutschen Wirtschaftsleistung um 0,4 Prozent. «Die Abkühlung setzt sich fort, in nahezu allen Branchen steht die Tendenz auf Flaute», sagte Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser.
Habeck sagte, viele wirtschaftliche Probleme wie die hohen Energiepreise und die Inflation hätten ihre Ursache im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Zugleich gebe es strukturelle Probleme wie zu viel Bürokratie, den Mangel an Arbeitskräften und fehlende Digitalisierung. Deutschland müsse «raus aus der Komfortzone der Selbstzufriedenheit».
Deutschland bleibt starker Standort
Habeck warnte aber vor einem «defätistischen Schlechtreden» des Standorts Deutschlands. «Wir haben Probleme - Probleme, die ursächlich mit der geopolitischen Situation und mit hausgemachten Problemen zusammenhängen. Das heißt aber nicht, dass alles schlecht ist. Wir sind ein starker Standort. Wir sind ein hochinteressanter Standort für ausländische Investoren.»
Mit Blick auf den von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Mittwoch vorgeschlagenen «Deutschland-Pakt» zur Modernisierung des Landes sagte Habeck: «Wir sind ja längst dabei, es zu tun.» So führe der Bund mit Nordrhein-Westfalen «Praxischecks» zur Entbürokratisierung bei Unternehmensgründung durch. Mit Baden-Württemberg sei man dabei, die Beschleunigung beim Ausbau der erneuerbaren Energien von der Praxis her zu überprüfen und zu entbürokratisieren.
Union unterstützt «Deutschland-Pakt» nicht
Scholz hatte Länder, Kommunen und die Opposition mit Ausnahme der AfD dazu eingeladen, an einem Maßnahmenpaket zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren, Digitalisierung der Verwaltung und Unterstützung für Unternehmen mitzuwirken.
Die Union zerpflückte den Vorschlag von Scholz. Unionsfraktionsvize Jens Spahn nannte den «Deutschland-Pakt» einen «Offenbarungseid». «Das Problem ist nicht, dass wir eine Krise haben, die den großen Schulterschluss benötigt. Das Problem ist, dass wir eine Regierung haben, die in der Krise nicht funktioniert.» Der «Deutschland-Pakt» sei eine Auflistung von Projekten, bei denen die Ampel-Koalition seit Monaten nicht vorankomme.
Der CSU-Abgeordnete Hansjörg Durz bezeichnete die Bundesregierung als «Standortrisiko». Es sei zwingend mehr Priorität für Investitionen nötig, Pläne der Koalition reichten nicht aus. Die CDU-Abgeordnete Julia Klöckner warf Habeck vor, die wirtschaftliche Lage schön zu reden. Die Regierung drohe einzugehen als Regierung der Deindustrialisierung. Sie verweis auf den Streit in der Koalition über einen staatlich subventionierten Industriestrompreis. Einen solchen wollen die Grünen und die SPD-Fraktion. Die FDP lehnt einen Industriestrompreis ab, Scholz hatte sich bisher skeptisch gezeigt.
Der Linken-Politiker Klaus Ernst kritisierte, die Bundesregierung nehme den Ernst der Lage nicht wahr. Deutschland rausche in eine Rezession. Der AfD-Abgeordnete Wolfgang Wiehle warf Habeck und der Koalition vor, ihre Politik führe in die «Verarmung» der Bevölkerung. Er forderte eine Beendigung der «gescheiterten Energiewende».
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