«Feige» und «fahrlässig»: Schiri-Wut und Trotz beim BVB
Edin Terzic war richtig wütend. Der Ärger über den großen Rückschlag im Titelrennen mit dem FC Bayern und die Wut auf das Schiedsrichtergespann um Sascha Stegemann riefen beim Trainer von Borussia Dortmund erst harsche Kritik und dann Trotz hervor.
«Jetzt geht es einfach darum, dass wir es nicht mehr in der eigenen Hand haben. Aber das bedeutet nicht, dass wir aufhören oder aufgeben», sagte Terzic nach dem 1:1 seines BVB im Derby beim VfL Bochum. «Wir sind Borussen», sagte der Coach und betonte: «Egal, was heute passiert ist, werden wir alles dafür tun, nächste Woche wieder als Sieger den Platz zu verlassen.»
Nach dem Dortmunder Unentschieden können die Bayern mit einem Sieg gegen Bundesliga-Schlusslicht Hertha BSC an diesem Sonntag (15.30 Uhr/DAZN) wieder am BVB vorbeiziehen. Schuld daran ist aus Sicht Dortmunder Verantwortlicher der Schiedsrichter. «Was ich einfach fordere ist, dass man alles dafür tut, keine Fehlentscheidung zu treffen. Und das hat heute nicht stattgefunden», klagte Terzic. Er und Sportdirektor Sebastian Kehl regten sich über drei spielentscheidende Szenen auf.
Stegemann selbstkritisch
Vor dem 1:0 der Bochumer hatten sie ein Foul an Emre Can gesehen. Zudem hätte Dortmund aus ihrer Sicht zwei Strafstöße bekommen müssen - einen Foul- und einen Handelfmeter. Vor allem das nicht geahndete harte Einsteigen von Bochums bereits verwarntem Verteidiger Danilo Soares gegen Karim Adeyemi, der in der Vorwoche noch Gelb wegen einer Schwalbe gesehen hatte, erzürnte Terzic. Elfmeter für Dortmund und Gelb-Rot für Soares forderte er.
Am Samstag äußerte sich Stegemann selbst zu der Szene. «Mit zeitlichem Abstand und nach Betrachtung der Fernsehbilder ist das für mich ein klarer Strafstoß. Dementsprechend hätte es einen Elfmeter für Borussia Dortmund geben müssen», sagte er beim Pay-TV-Sender Sky.
Der 38-Jährige gab Einblicke in seine Gefühlswelt. «Wenn Dinge so laufen, wie sie gestern gelaufen sind, dann nimmt man das mit nach Hause. Dann nimmt man das mit ins Bett», sagte er. «Man stellt sich viele Fragen. Man wendet sich von links nach rechts. Man starrt die Decke an. Man steht dann irgendwann auf. Deswegen hängt mir das Ganze noch sehr in den Knochen.»
Kehl außer sich
BVB-Sportdirektor Kehl war gar nicht mehr zu beruhigen gewesen. In den Katakomben des Ruhrstadions wurde er ungewöhnlich laut. «Heute ist es nicht mit rechten Dingen zugegangen», schimpfte Kehl. «Heute muss ich einfach sagen, hat der Schiedsrichter das Spiel für mich entschieden.»
Auch Kehl echauffierte sich über die nicht genutzte Video-Unterstützung. «Das Hilfsmittel, das wir in dieser Situation zur Verfügung haben, nicht zu nutzen, halte ich für absolut fahrlässig, halte ich für feige und für komplett falsch. Wir sind unglaublich erbost darüber.» Stegemann habe den BVB zwei Punkte gekostet. Der Schiedsrichter sagte im WDR zum Foul an Adeyemi mit Blick auf den Video-Assistenten Robert Hartmann: «Es wäre sehr, sehr hilfreich gewesen, wenn da ein entsprechender Impuls gekommen wäre.»
Schon während des Spiels hatten die fassungslosen Dortmunder mehrmals versucht, auf Stegemann und den Vierten Offiziellen Sören Storks einzuwirken. «Es ist für uns eine einmalige Chance, es ist vielleicht für mich eine einmalige Chance in meinem Leben, so nah an die Meisterschale zu kommen», sagte Terzic. «Und dann gibt es solche Entscheidungen, wo so viel auf dem Spiel steht. Das einzige, worum ich gebeten habe: Schau es dir an, wenn du dir nicht sicher bist bei dem Tempo!»
Kobel guckt nach vorn
BVB-Torwart Gregor Kobel hätte sich ebenfalls einen Elfmeterpfiff gewünscht, suchte die Schuld aber nicht nur beim Schiedsrichter-Team. «Wir hatten noch Chancen zu treffen. Wir müssen das Spiel gewinnen», sagte der 25-Jährige. Nicht zum ersten Mal in dieser Saison versäumten es die Dortmunder, ihre spielerische Überlegenheit für genug Tore zu nutzen. Neben der Niederlage im Rückrunden-Duell mit den Bayern (2:4) könnten am Ende vor allem die verpassten Siege gegen die Abstiegskandidaten Schalke (2:2), Stuttgart (3:3) und nun Bochum die Meisterschaft kosten.
«Noch ist nichts vorbei, noch nichts entschieden. Wir müssen jetzt nach vorne gucken», forderte Kobel. «Wir sind eine sehr gute Mannschaft mit sehr vielen Top-Charakteren, die auf jeden Fall wieder aufstehen werden. Wir haben noch ein großes Ziel. Dafür müssen wir kämpfen.»
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