Erster Versuch einer Regierungsbildung in Spanien begonnen
Gut zwei Monate nach der vorgezogenen Parlamentswahl in Spanien hat der konservative Oppositionsführer Alberto Núñez Feijóo den ersten Versuch einer Regierungsbildung gestartet. Medien und Beobachter bezeichnen diesen jedoch übereinstimmend als hoffnungslos.
Mit einer Rede leitete Feijóo im Unterhaus in Madrid die Debatten über seine Kandidatur für das Amt des Ministerpräsidenten ein. Die Abstimmung über die Bewerbung findet morgen statt. Die Kandidatur des Chefs der Volkspartei PP sei «zum Scheitern verurteilt», meinte der Fernsehsender RTVE.
Zuletzt keine regierungsfähige Mehrheit
Die PP hatte bei der Wahl am 23. Juli vor den Sozialisten (PSOE) des geschäftsführenden Ministerpräsidenten Pedro Sánchez die meisten Stimmen und die meisten Sitze im «Congreso de los Diputados» bekommen. Da aber keine der beiden Parteien zunächst ausreichende Unterstützung anderer Gruppierungen zur Bildung einer regierungsfähigen Mehrheit bekam, hatte König Felipe VI. beschlossen, dass der Wahlsieger sich als erster bewerben darf.
In der ersten Runde benötigt der Kandidat eine absolute Mehrheit von mindestens 176 Ja-Stimmen, um zum Regierungschef der viertgrößten Volkswirtschaft der Europäischen Union gewählt zu werden. Im zweiten Wahlgang würde 48 Stunden später eine einfache Mehrheit ausreichen. Aber auch die ist für Feijóo nicht in Sicht.
Feijóo kann höchstens mit 172 der insgesamt 350 Stimmen rechnen: Mit den 137 seiner PP, den 33 der rechtspopulistischen Partei Vox sowie mit je einer Stimme zweier Regionalparteien. Alle anderen 178 Abgeordneten werden den Erwartungen nach mit «Nein» votieren. Auch Feijóo hat indirekt zu verstehen gegeben, dass er keinen Erfolg erwartet.
Sánchez mit Chancen
Sánchez werden bessere Chancen eingeräumt. Außer den Stimmen des Linksbündnisses Sumar und kleinerer Regional-Parteien benötigt der seit 2018 regierende Sozialist aber auch Abkommen mit der linken ERC des katalanischen Regierungschefs Pere Aragonès sowie mit der Partei Junts des in Belgien im Exil lebenden Separatistenführers und spanischen Justizflüchtlings Carles Puigdemont.
Beide streben die Unabhängigkeit Kataloniens an. Für ihre Unterstützung fordern sie unter anderem eine Amnestie für jene «Catalanistas», die an dem gescheiterten Abspaltungsversuch von 2017 teilnahmen. Sánchez hat gemäß Verfassung nur bis zum 27. November Zeit, um Neuwahlen zu verhindern.
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