Erster AfD-Landrat tritt in Thüringen Amt an
Die AfD liegt bundesweit im Umfragehoch - erste Wirkungen sind zu sehen. In Thüringen nahm der bundesweit erste AfD-Landrat Robert Sesselmann am Montag seine Arbeit auf. Zuvor hatte er am Sonntag schriftlich die Wahl im südthüringischen Kreis Sonneberg angenommen, wie das Landratsamt mitteilte.
Sesselmann sagte laut Mitteilung, er wünsche sich, dass «die tiefen Gräben, die sich durch den Wahlkampf und die einhergehende mediale Berichterstattung ergeben haben, schnell überwunden werden». Er betonte, dass das Ergebnis zu akzeptieren sei. «Undemokratische und völlig deplatzierte Boykottaufrufe zulasten unserer heimischen Wirtschaft und unseres Gastgewerbes verurteile ich scharf.»
Er war in einer Stichwahl am 25. Juni gewählt worden, was bei anderen Parteien teils Entsetzen auslöste. Die Thüringer AfD wird vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft und beobachtet. Der Landkreis Sonneberg ist mit knapp 57.000 Einwohnern einer der kleinsten in Deutschland.
Vom Verfassungsschutz als Verdachtsfall eingestuft
Auch im Nachbarbundesland Sachsen-Anhalt wurde am Sonntag ein AfD-Kandidat erstmals in ein kommunales Amt gewählt: In der Kleinstadt Raguhn-Jeßnitz gewann Hannes Loth die Wahl zum hauptamtlichen Bürgermeister. Der 42-Jährige ist damit der erste AfD-Bürgermeister in Sachsen-Anhalt. Bundesweit ist dem Sprecher des Deutschen Städte- und Gemeindebunds zumindest kein weiterer hauptamtlicher Bürgermeister bekannt, eine Statistik führt seine Organisation dazu allerdings nicht.
Der Verfassungsschutz stuft die Partei bundesweit als Verdachtsfall im Bereich Rechtsextremismus ein. In deutschlandweiten Umfragen rangiert die AfD bei um die 20 Prozent.
Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil verlangte von den demokratischen Parteien, sich bis auf die kommunale Ebene hinab klar gegen die AfD abzugrenzen. Bei der CDU sehe er, dass sich ihr Vorsitzender Friedrich Merz und die anderen Verantwortlichen bemühten und es auch ernst meinten, «die Brandmauer gegen rechts hochzuhalten», sagte Klingbeil in Berlin. Gleichwohl erlebe er immer wieder Vorstöße aus der Union, «dass man dort auch anfängt, das Verhältnis zur AfD zu relativieren, dass man es normalisiert». Das gebe es auf der kommunalen Ebene, aber auch in anderen Bereichen. Er könne nur an alle demokratischen Parteien appellieren, nicht die AfD zu kopieren und die Brandmauer immer klar einzuhalten.
Die AfD profitiere von Unsicherheit, Streit und Angst, sagte Klingbeil. «Die AfD ist zusätzlich eine Partei, die schlechte Laune verbreitet und die dafür sorgt, dass die Laune schlecht ist in diesem Land», erklärte er ähnlich wie bereits mehrfach Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Zugleich habe sie keine Antworten auf die aktuellen Herausforderungen.
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