Ehefrau soll Mann erstochen haben: erster Prozesstag beendet
Zu Beginn des Prozesses wirkt sie noch ruhig und gefasst, doch als bei der Beweisaufnahme am Nachmittag Sprachnachrichten und Fotos des Tatabends gezeigt werden, bricht die Angeklagte in Tränen aus. Seit Montag muss sich die 54-Jährige vor dem Landgericht Rottweil wegen Totschlags verantworten. Sechs Mal soll sie mit einem Küchenmesser auf ihren Ehemann eingestochen und seinen Tod danach als Suizid gemeldet haben. Die Angeklagte schwieg zunächst zu den Tatvorwürfen, machte jedoch Angaben zur Person.
Die Angeklagte befindet sich laut Gericht seit Anfang März in Untersuchungshaft. Zwei Töchter des 54-jährigen Opfers aus erster Ehe schlossen sich dem Verfahren als Nebenklägerinnen an. Für den Prozess sind bislang fünf weitere Verhandlungstage angesetzt. Ein Urteil könnte Ende September ergehen. (Az.: 1 Ks 17 Js 1880/23)
Der Frau wird vorgeworfen, im Februar dieses Jahres bei einem Streit in der gemeinsamen Wohnung in Schramberg (Kreis Rottweil) ihren Mann getötet zu haben. Tatwaffe soll laut Staatsanwaltschaft ein 15 Zentimeter langes Küchenmesser gewesen sein. Anschließend habe sie einer Bekannten Sprachnachrichten geschickt. In diesen erzählte sie von einem angeblichen Suizid des Mannes. «Er hat sich dreimal mit dem Messer gestochen», übersetzte eine Dolmetscherin aus einer Nachricht.
Als erste Zeugin im Prozess sagte die Bekannte am Montag aus. Diese hatte die Polizei verständigt. Nach ihren Angaben stand die Angeklagte in den letzten zwei Jahren häufiger unter Alkoholeinfluss. Auch an dem Abend sei sie sehr betrunken gewesen, sagte die Zeugin.
Auch die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Frau zur Tatzeit betrunken war. Rund 3,7 Promille hatte ein Alkoholtest kurz nach Mitternacht nach der Tat ergeben. Dadurch könne sie vermindert schuldfähig gewesen sein. Deswegen war auch ein psychiatrischer Sachverständiger geladen. Dieser hatte massive Erhöhungen der Leberwerte festgestellt. Doch die Angeklagte behauptete, im Februar weitgehend gesund gelebt und nur über den Jahreswechsel mehr getrunken zu haben.
Als eine «Achterbahn der Gefühle» beschreibt der Polizist, der zuerst an der Wohnung war, die Stimmung der Angeklagten. Anfangs sei diese sehr hysterisch gewesen, habe geschrien und geweint. Ein weiterer Beamte musste die Frau daher fixieren. Auf dem Weg ins Polizeirevier beruhigte sie sich demnach.
Dort soll sie später angegeben haben, ein Geständnis unterschreiben zu wollen, dass sie ihren Mann umgebracht hätte. Das berichtete ein weiterer Polizist, der Russisch versteht. Dem Zeugen zuufolge erzählte die Angeklagte zwei verschiedene Versionen der Geschehnisse des Abends. Diese Aussagen seien jedoch nicht in einer offiziellen Vernehmung gefallen, hieß es.
Bei einem Urlaub in Ägypten 2012 hatte die Frau mit russischer Staatsbürgerschaft ihren späteren Ehemann nach eigener Aussage kennengelernt. Drei Jahre später wurden sie ein Paar, 2017 folgte laut der Angeklagten die Hochzeit. In den Folgejahren hätten die beiden eine Fernbeziehung zwischen Moskau und Deutschland geführt, wie die 54-Jährige angab. Mit Beginn der Corona-Pandemie sei sie dann in Deutschland geblieben. Zwei Söhne hat die Frau aus ihrer ersten Ehe.
Unklar blieb zunächst, woher die Angeklagte ihre finanziellen Mittel bezog. Denn sie hatte im Jahr 2012 nach eigenen Angaben aufgehört zu arbeiten. Unter anderem eigene Ersparnisse, Unterstützungen der Söhne aus Russland und das Geld des Ehemanns waren am Montag im Gespräch.
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