«Danke an ganz Dänemark»: Zweiter Tour-Coup von Vingegaard
Jonas Vingegaard umarmte Ehefrau Trine und genoss dann seinen zweiten Triumph bei der Tour de France mit Tochter Frida auf dem Arm.
Im Schatten des Triumphbogens machte der 26-Jährige den nächsten Coup perfekt und schrieb als erster zweimaliger Tour-Sieger aus Dänemark Radsport-Geschichte. «Es ist ein Gefühl, stolz und glücklich zu sein. Die ganzen Menschen aus Dänemark hier zu sehen, ist einfach unglaublich. Danke an mein Team, an meine Familie und auch Danke an ganz Dänemark», sagte Vingegaard.
«Habe das wirklich genossen»
Bereits eine Runde vor Schluss konnte sich Vingegaard entspannen. Aufgrund des einsetzenden Regens nahm die Rennjury die Zeit schon vor dem Sprintfinale auf den Champs-Élysées. Vingegaard rollte jubelnd an der Seite seiner Teamkollegen über den Zielstrich, in der Endabrechnung trennten ihn 7:29 Minuten von seinem zweitplatzierten slowenischen Rivalen Tadej Pogacar. «Es war rein super hartes Rennen. Ich habe das wirklich genossen», sagte Vingegaard. «Ich hoffe, dass ich nächstes Jahr den dritten Sieg holen werde. Ich werde es versuchen.»
Eine perfekte Paris-Party bescherte Jordi Meeus auch dem deutschen Bora-Team. Der Belgier gewann völlig überraschend die Schlussetappe am Sonntag und fügte seinem zweitplatzierten Landsmann Jasper Philipsen die erste Niederlage in einem Massensprint zu. «Mit dem Sieg haben wir heute überhaupt nicht gerechnet», sagte Bora-Teamchef Ralph Denk in der ARD. «Dass Jordi Meeus hier als unbekannter Sprinter gewinnt - Riesenerfolg für uns, geil.»
Kronprinz «war sehr glücklich»
Alle Augen waren im bewölkten Paris auf Vingegaard gerichtet. Dänemarks Außenminister Lars Lökke Rasmussen gratulierte persönlich bei der Siegerehrung, Kronprinz Frederik hatte dies bereits am Vorabend telefonisch getan. Er habe gesagt «dass er es sehr beeindruckend findet, dass ich die Tour zweimal nacheinander gewonnen habe. Er war sehr glücklich», verriet Vingegaard.
Während der kleine Nachbar Dänemark erneut eine rot-weiße-Party feierte, gibt es in Deutschland höchstens eine Fast-Feier. Fast hätte Phil Bauhaus eine Etappe gewonnen. Fast wäre Georg Zimmermann selbiges geglückt. Fast wäre Bora-Kapitän Jai Hindley aufs Podium gefahren, am Ende wurde er Siebter. Das Team Bora kann mit einem Tag im Gelben Trikot und zwei Etappensiegen zufrieden sein. Es war auch keine schlechte Tour der deutschen Profis, insbesondere mit den Lichtblicken Bauhaus, Zimmermann und dem wieder erstarkten Emanuel Buchmann. Doch auf der Haben-Seite steht eben wie im Vorjahr kein Etappensieg.
Den holte Vingegaard am Dienstag mit dem Zeitfahren seines Lebens und legte den Grundstein für den Gesamtsieg. Reflexartig kamen Zweifel auf, die Vergangenheit des Radsports ist allgegenwärtig. Er könne die Skeptiker verstehen, sagte Vingegaard. Er begrüße es sogar, wenn seine Leistung hinterfragt werde. Er nehme aber nichts, was er nicht auch seiner Tochter Frida geben würde. Einen Tag später erlebte Pogacar den Einbruch seines Lebens und verlor fast sechs Minuten auf den Dänen. «Ich habe mich selbst geknackt. Niemand sonst. Das war ich selbst», sagte Pogacar.
«Werde jedes Jahr ein wenig besser»
Zwischen den beiden Rivalen steht es nun Unentschieden, beide haben je zwei Tour-Siege auf dem Konto. Doch das Momentum hat Vingegaard. Im Vorjahr hatte er Pogacar um 2:43 Minuten distanziert, dieses Jahr war die Sache klarer. Während die Vorbereitung von Pogacar durch einen Kahnbeinbruch beeinträchtigt war, lief es bei Vingegaard perfekt. Weder Krankheiten noch Verletzungen bremsten den Dänen aus.
«Ich werde jedes Jahr ein wenig besser. Es ist nicht so, dass ich 20 Prozent besser in einem Jahr werde. Es sind immer kleine Schritte», sagte Vingegaard. In diesem Jahr hat er an seiner Explosivität gearbeitet, was durchaus zu sehen war. Bis er zum Siegfahrer wurde, war es für den 1,75 Meter großen Mann von der dänischen Nordsee auch ein mentaler Kampf: «Vor zwei Jahren habe ich erst angefangen, Resultate zu liefern. Davor konnte ich mit dem Druck nicht umgehen, den ich mir selbst gemacht habe. Ich habe gelernt, damit umzugehen.»
Was ihm allerdings immer noch nicht ganz behagt, ist das Scheinwerferlicht. In dem wird er bei seiner Rückkehr nach Dänemark wieder stehen. Am Mittwoch wird ihm in Kopenhagen wieder ein großer Empfang bereitet. Vom Flughafen geht es im Cabrio zum Rathausplatz, wo ihn im Vorjahr Zehntausende empfingen. Einen Tag später geht es weiter nach Glingøre. Dort war man sich übrigens so siegessicher, dass man mit den Planungen für den Empfang schon im Januar begann.
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