Bootsunglück mit Migranten: Athen weist Vorwürfe zurück
Nach dem schweren Bootsunglück mit Hunderten ertrunkenen Migranten vor gut drei Wochen westlich von Griechenland hat der neue griechische Migrationsminister Dimitris Kairidis am Samstag erstmals Stellung bezogen - und ausländische Medien, Flüchtlingsorganisationen sowie Europaabgeordnete scharf kritisiert. Unterdessen veröffentlichte der Athener TV-Sender Mega ein neues Video von dem stählernen Fischkutter, das nur wenige Stunden vor dem Untergang aufgenommen wurde.
Auf dem Video ist zu sehen, wie die Besatzung eines Tankers versucht, die Migranten mit Trinkwasser und Lebensmittel zu versorgen. Das rostige Fischerboot neigt sich wegen der vielen Menschen an Bord und droht zu kentern, obwohl das Meer ruhig ist. Das Video zeigte der Athener TV-Sender Mega in seinen Abendnachrichten am Samstag.
«Wir sind human, aber wir sind nicht naiv»
Mit Blick auf Vorwürfe internationaler Medien, wonach die griechische Küstenwache das Schiff zum Kentern gebracht haben soll, hatte Migrationsminister Kairidis zuvor Stellung bezogen. Es sei die griechische Küstenwache gewesen, die jene gerettet habe, die gerettet werden konnten - nicht Hilfsorganisationen, Europaabgeordnete oder Auslandskorrespondenten, sagte er im griechischen Parlament in Athen. «Die Küstenwache hat in den vergangenen Jahren konsequent Zehntausende Migranten gerettet, die ihr Leben kriminellen Schleppern anvertraut haben», sagte er. Leben zu retten oder den Schleusern die Arbeit zu erleichtern, wie manche es sich wünschten, seien jedoch unterschiedliche Dinge. «Wir sind human, aber wir sind nicht naiv.»
Kairidis verwies auf die Justiz: «Derzeit läuft eine unabhängige gerichtliche Untersuchung (des Unglücks), deren Ergebnisse ich nicht kennen kann.» Unterdessen verfolge man alle Kommentare aufmerksam, gleichgültig, wie bösartig sie seien. Es sei weiterhin die Absicht der Regierung, eine faire, aber strenge Migrationspolitik zu verfolgen. Es dürften nicht die Menschenhändler sein, die entschieden, wer nach Europa einreise und wer nicht.
Es war Kairidis' erste öffentliche Stellungnahme als Minister zu dem schweren Unglück. Der Untergang des maroden Fischkutters fiel in die Phase zwischen zwei griechischen Parlamentswahlen - zu dem Zeitpunkt war nur eine Übergangsregierung im Amt. Bei dem Unglück waren Hunderte Migranten ums Leben gekommen; sie waren in dem Boot unter Deck gefangen und wurden in die Tiefe gerissen. Die Küstenwache rettete 104 Menschen, weitere 82 konnten nur tot geborgen werden.
© dpa-infocom, dpa:230709-99-337438/3