Ausbildungsgarantie und Fachkräfteeinwanderung beschlossen
Mit einer gesetzlich verankerten Garantie will die Bundesregierung möglichst allen jungen Menschen, die das wollen, zu einem Ausbildungsplatz verhelfen - notfalls auch in außerbetrieblichen Einrichtungen.
Das sieht der Entwurf für ein neues Gesetz zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) vor, den das Bundeskabinett in Berlin beschlossen hat. Mit einem Entwurf für ein reformiertes Fachkräfte-Einwanderungsgesetz hat das Kabinett zudem ein zweites Vorhaben auf den Weg gebracht, das Unternehmern helfen soll, die - mitunter verzweifelt - nach qualifizierten Mitarbeitern suchen.
Berufsausbildung in außerbetrieblichen Einrichtungen
Das Bundesarbeitsministerium betonte, außerbetriebliche Ausbildung solle weiterhin die Ausnahme bleiben. Vorrang haben sollen weiter Ausbildungsplätze in Unternehmen. So soll es jungen Menschen mit einer Mobilitätsprämie erleichtert werden, auch Ausbildungsplätze in weiter entfernt liegenden Regionen anzunehmen. Wer sich noch nicht für einen Beruf entschieden hat, soll durch ein Praktikum zur Berufsorientierung gefördert werden können. Neu geschaffen werden soll zusätzlich ein Anspruch auf außerbetriebliche Ausbildung, so dass junge Menschen auch ohne regulären Ausbildungsplatz eine Perspektive bekommen. «Berufsausbildung in außerbetrieblichen Einrichtungen soll, wo erforderlich, ergänzend genutzt werden, bleibt aber "Ultima Ratio"», also letztes Mittel, heißt es im Entwurf.
«2,3 Millionen junge Menschen stehen ohne abgeschlossene Berufsausbildung dar, über 200.000 junge Menschen sind in einem Übergangssystem geparkt», sagte die Juso-Vorsitzende Jessica Rosenthal. «Es gelingt uns bisher nicht jedem jungen Menschen eine Ausbildung - das wird sich jetzt ändern.»
Das Weiterbildungsgesetz sieht zudem ein Qualifizierungsgeld als Lohnersatz vor. Die Beschäftigten von Unternehmen im Strukturwandel sollen für eine Weiterqualifizierung freigestellt werden können. Heil nannte als Beispiel Mitarbeiter eines Autozulieferers, die durch den Schwenk vom Verbrennermotor zur E-Mobilität neue Fähigkeiten brauchen.
Einführung einer sogenannten «Chancenkarte»
Der Entwurf für das neue Fachkräfte-Einwanderungsgesetz enthält neben verschiedenen Erleichterungen - etwa beim Familiennachzug und der Anerkennung von Berufsabschlüssen - die Einführung einer sogenannten «Chancenkarte» auf Basis eines Punktesystems. Zu den Kriterien, die bei der Errechnung der Punktzahl berücksichtigt werden, zählen Sprachkenntnisse, Berufserfahrung, Alter und Deutschlandbezug.
Die «Chancenkarte» gibt qualifizierten Ausländern ein Jahr Zeit, um in Deutschland einen Arbeitsplatz zu finden. Damit sich die Jobsuchenden in dieser Zeit finanziell über Wasser halten können, bietet sie in dieser Zeit zudem Möglichkeiten für Probearbeit oder Nebenbeschäftigung. Der Wechsel in Aufenthaltstitel zu Erwerbs- oder Bildungszwecken ist erlaubt. «Auch dies dient dazu, neue Potenziale von geeigneten Arbeitnehmern für den deutschen Arbeitsmarkt zu erschließen, denen bislang die Arbeitsplatzsuche nicht möglich war», heißt es in dem Entwurf. Die Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel zur Ausbildungsplatzsuche werden abgesenkt.
Reform des Staatsangehörigkeitsrechts
Bei der geplanten Reform des Staatsangehörigkeitsrechts, die Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) gerne zusammen mit dem Gesetzentwurf zur Fachkräfte-Einwanderung ins Kabinett gebracht hätte, gibt es allerdings noch Abstimmungsbedarf mit der FDP. Die Liberalen sind zwar nicht dagegen, die doppelte Staatsbürgerschaft auch für Nicht-EU-Bürger grundsätzlich zu ermöglichen. Auch die Verkürzung der Mindestaufenthaltszeit im Regelfall von acht Jahren auf fünf Jahre findet ihre Zustimmung. Bei anderen Voraussetzungen für die Einbürgerung - Sprache und Sicherung des eigenen Lebensunterhalts - wollen die Liberalen jedoch keine Abstriche machen und weniger Ausnahmen zulassen. Fachkräfteeinwanderung und der Erwerb der Staatsbürgerschaft, «das gehört zusammen», betonte Faeser.
An die Adresse der Union sagte die Ministerin, ohne eine «Willkommenskultur», werde Deutschland im Wettbewerb um die klügsten Köpfe das Nachsehen haben. Die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Andrea Lindholz, hält eine Novelle des seit drei Jahre geltenden Fachkräfte-Einwanderungsgesetzes dagegen für unnötig. Wichtiger wäre es aus ihrer Sicht, praktische Probleme bei der Umsetzung zu lösen, fügte die CSU-Bundestagsabgeordnete. «An den deutschen Auslandsvertretungen fehlt ausreichend Personal, um die Anträge von Arbeitsmigranten zügig zu bearbeiten, und die Anerkennung von Ausbildungsabschlüssen dauert zu lange.»
Auch Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger, der die Reform generell positiv beurteilt, sieht hier ein großes Problem. Er sagte: «Gesetze sind das eine, Prozesse und Abläufe das andere.» In den deutschen Visastellen und Ausländerbehörden müssten die Abläufe schneller, einfacher und digitaler werden, «anstatt weitere bürokratische Luftschlösser zu errichten».
Wer einen Abschluss hat, der in Deutschland anerkannt ist, soll laut Gesetzentwurf künftig auch in einem anderen qualifizierten Job arbeiten dürfen. Wer mindestens zwei Jahre Berufserfahrung und einen im Ausland anerkannten Abschluss vorweisen kann, soll die Anerkennung dieser Qualifikation nun nicht zwingend aus dem Ausland betreiben müssen, sondern kann diese auch später noch in Deutschland nachholen.
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