Anklage gegen Trump stellt US-Demokratie auf die Probe
Die historische Anklage gegen den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump in New York stellt die amerikanische Demokratie auf die Probe. Während der 76-jährige, der erneut ins Weiße Haus einziehen will, von «politischer Verfolgung und Wahlbeeinflussung» sprach, stellten sich wichtige Republikaner am Freitag hinter ihn. Trump muss sich wegen Schweigegeldzahlungen an einen Pornostar als erster Ex-Präsident der US-Geschichte in einem Strafverfahren verantworten. Ihm könnten bei einer Verurteilung wohl mehrere Jahre Haft drohen. Manhattan bereitet sich auf Proteste vor.
Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft in Manhattan ist noch unter Verschluss - die genauen Anklagepunkte sind bis zur erwarteten Verlesung der Anklage nächste Woche, vermutlich am Dienstag, noch unbekannt. Es geht um Schweigegeldzahlungen an Stormy Daniels und möglicherweise eine weitere Frau. Der Prozess dürfte auch Einfluss auf Trumps bereits verkündete Präsidentschaftskandidatur haben - und könnte Trump am Ende sogar helfen.
Die Anklageverlesung soll übereinstimmenden Medienberichten zufolge am Dienstag in New York stattfinden. Der Termin ist nach Angaben der Sender Fox News und NY1 für 14.15 Uhr (Ortszeit/ 20.15 Uhr MEZ) im Gerichtsgebäude in Manhattan angesetzt. Für den Vorgang muss Trump nach New York reisen und würde kurzzeitig in Gewahrsam genommen, damit Fingerabdrücke und Polizeifotos von ihm gemacht werden können. Oft werden Angeklagten dann auch Handschellen angelegt - ob dies im Falle Trumps passiert, ist fraglich. Es gilt als sicher, dass Trump nach diesem Prozedere wieder nach Hause kann.
Unmittelbar nach der Anklageerhebung am Donnerstagabend (Ortszeit) nutzte Trump bereits die Gelegenheit, um per Rundmail Spenden einzuwerben. Das Land erlebe das dunkelste Kapitel seiner Geschichte. «Mit Ihrer Unterstützung werden wir das nächste große Kapitel der US-Geschichte schreiben - und 2024 wird für immer als das Jahr in die Geschichte eingehen, in dem wir unsere Republik gerettet haben», hieß es weiter. Die Adressaten wurden um Spenden ab 24 Dollar (rund 22 Euro) gebeten.
Trump bestreitet Affäre
Hintergrund der Anklage nach Jahren der Ermittlungen durch den demokratischen Bezirksstaatsanwalt von Manhattan, Alvin Bragg, sind Zahlungen an Daniels. Trump hatte kurz vor seiner Wahl zum Präsidenten 2016 Schweigegeld an die Pornodarstellerin zahlen lassen, nachdem diese behauptet hatte, sie habe Sex mit ihm gehabt. Trump bestreitet eine Affäre, nicht aber, dass Geld geflossen ist. Die Zahlung soll Vorwürfen zufolge aber bewusst falsch abgerechnet worden sein, um ihren Grund zu vertuschen. Zudem könnte die Zahlung mit Regeln zur Wahlkampffinanzierung im Konflikt stehen. Mehrere US-Medien berichteten, es gehe um mehr als 30 Anklagepunkte.
Trump hatte empört auf die Anklage reagiert. «Das ist politische Verfolgung und Wahlbeeinflussung auf dem höchsten Niveau der Geschichte», hieß es in einer schriftlichen Stellungnahme. Die Demokraten hätten seit seiner ersten Präsidentschaftsbewerbung versucht, ihm politisch zu schaden. Nun hätten sie «das Undenkbare getan - eine völlig unschuldige Person in einem Akt eklatanter Wahlbeeinflussung anzuklagen», beklagte Trump. All das werde auf Präsident Joe Biden und seine Demokraten zurückfallen. Trump sprach von einem Angriff auf das Land.
Der Ex-Präsident hatte vor einigen Tagen behauptet, seine Festnahme in dem Fall stehe kurz bevor - und seine Anhänger zu Protesten aufgerufen. New York bereitete sich daraufhin auf mögliche Demonstrationen vor und verstärkte die Sicherheitsvorkehrungen rund um das Gerichtsgebäude in Downtown Manhattan. Bislang kam es nicht zu größeren Protesten. Das könnte nun womöglich folgen.
McCarthy: «Heiliges Rechtssystem instrumentalisiert»
Einflussreiche Republikaner reagierten empört auf die Anklage und werteten diese als Angriff auf die Demokratie. Der republikanische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, schrieb auf Twitter, Staatsanwalt Bragg «hat unser heiliges Rechtssystem gegen Präsident Donald Trump instrumentalisiert.» McCarthy gilt als Trump-Verbündeter. Rein rechtlich dürfte Trump auch als verurteilter Straftäter bei der Wahl 2024 antreten, wie Rechtsexperten betonen.
Doch selbst mögliche parteiinterne Konkurrenten für die Wahl 2024 kritisierten das Vorgehen. «Wenn das Rechtssystem als Waffe eingesetzt wird, um eine politische Agenda voranzutreiben, wird die Rechtsstaatlichkeit auf den Kopf gestellt», schrieb der republikanische Gouverneur von Florida, Ron DeSantis. Auch Trumps früherer Stellvertreter, Ex-Vizepräsident Mike Pence, bezeichnete die Anklage als «Skandal». Dem Sender CNN sagte Pence: «Dies wird nur dazu dienen, dieses Land weiter zu spalten.»
Mehrere US-Demokraten betonten dagegen, dass alle US-Bürger gleich behandelt werden müssten. «Niemand steht über dem Gesetz», schrieb die frühere Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, auf Twitter. Pornodarstellerin Daniels selbst bedankte sich nach der Anklageerhebung bei ihren Anhängern für die Unterstützung. «Ich habe so viele Nachrichten bekommen, dass ich gar nicht antworten kann ... ich will auch nicht meinen Champagner verschütten», schrieb sie auf Twitter.
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