Kampf um EU-Naturschutzgesetz spitzt sich zu
Im Streit um ein heiß diskutiertes EU-Naturschutzgesetz haben sich Befürworter und Gegner anlässlich einer Debatte des EU-Parlaments in Straßburg zu dem Thema einen verbalen Schlagabtausch geliefert.
Dabei haben die Unterstützer des Vorhabens Rückendeckung von der schwedischen Klimaaktivistin Greta Thunberg bekommen: «Unsere Botschaft an die Politiker lautet, sich für die Natur und die Menschen statt für Profit und Gier zu entscheiden», sagte sie vor dem Europaparlament.
Unterstützt wurden Thunberg und weitere Aktivisten von mehreren Abgeordneten etwa der Grünen, Sozialdemokraten und Linken. Thunberg hatte vor fünf Jahren mit ihrem «Schulstreik fürs Klima» die weltweit aktive Bewegung Fridays for Future ins Rollen gebracht.
Auf der Gegenseite waren Bauern mit Traktoren einem Aufruf des europäischen Bauernverbands Copa-Cogeca gefolgt und demonstrierten vor dem Parlament gegen das Naturschutzgesetz. Sie kritisieren etwa, dass durch das Vorhaben landwirtschaftlich nutzbare Fläche wegfallen würde. Im Parlament wird diese Position unter anderem auch von Christdemokraten, Konservativen und Teilen der Liberalen getragen. So kritisierten Vertreterinnen und Vertreter der christdemokratischen EVP-Fraktion etwa, dass nicht genau klar sei, wie sich neue Vorgaben für Landwirte auf Lebensmittelpreise auswirken könnten.
Streit auch bei Abgeordneten
Doch nicht nur Bauern und Aktivisten, auch die Abgeordneten stritten weiter über das geplante Gesetz, darunter zahlreiche deutsche Politiker. So stellte sich der Fraktionsvorsitzende der Christdemokraten im Europaparlament, Manfred Weber (CSU), demonstrativ auf die Demonstration des Bauernverbandes. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Terry Reintke ergriff an der Seite von Thunberg das Mikrofon. Reintke betonte mit Blick auf die EU-Klimaziele, Politikerinnen und Politiker müssten am Mittwoch für das Vorhaben stimmen, um ihre Versprechen zu halten.
Intakte Moore sind beispielsweise gute Speicher für klimaschädliche Treibhausgase und helfen so gegen den Klimawandel. Intakte Ökosysteme helfen zudem dabei, das voranschreitende Artensterben zu mildern. Dabei sind beispielsweise Bestäuber auch für die Landwirtschaft wichtig, da sie etwa bei der Vermehrung von Pflanzen helfen.
Kommt es zu einer Einigung?
Die Abstimmung über das Vorhaben ist für Mittwochmittag vorgesehen. Wie diese ausgeht, ist völlig offen. Auch in vertraulichen Gesprächen äußern sich beide Seiten nur vorsichtig. Sollte das Gesetz scheitern, läge ein Baustein der EU-Umweltpolitik zunächst auf Eis.
Kommt es zu keiner Einigung, fällt das Vorhaben in der sogenannten 1. Lesung durch. Es könnte aber nach Parlamentsangaben in einer 2. Lesung noch mal ins Parlament eingebracht werden. Erst wenn es auch dann scheitert, ist das Vorhaben gestorben. Ursprünglich hatte die EU-Kommission das Gesetz vorgeschlagen; es durchläuft gerade den üblichen Gesetzgebungsprozess.
In der EU sind aber auch die Mitgliedsstaaten eng an der Gesetzgebung beteiligt. Sie hatten sich im Juni darauf verständigt, dass sie das Gesetz an sich haben wollen, aber drängen auf Änderungen des ursprünglichen Kommissionsvorschlags. Aber auch wenn Kommission und EU-Staaten das Gesetz haben wollen, ist eine Zustimmung des Parlaments notwendig.
© dpa-infocom, dpa:230711-99-360249/3